Zweiter Brief des hl. Johannes von Ávila

an Johannes von Gott

Ich habe Eueren Brief erhalten, aber Ihr sollt nicht sagen, ich erkenne Euch nicht als Sohn an, es sei denn, Ihr sagtet aus Demut, dass Ihr dies nicht verdient. Aus demselben Grund bin auch ich nicht würdig, Vater zu sein. So wäre es schlecht, wenn ich Euch verachten würde, da eher ich es verdiene, verachtet zu werden. Da aber unser Herr uns als die Seinen ansieht, auch wenn wir noch so schwach sind, so sollen wir daraus lernen, barmherzig und liebevoll miteinander zu sein, wie er es auch mit uns ist. Mein Bruder, ich wünsche sehr, dass Ihr Euch bewusst seid, was unser Herr Euch anvertraut hat, denn der gute und getreue Knecht muss fünf Talente hinzugewinnen zu den fünfen, die ihm gegeben worden sind (Mt 25,20). Dann wird er aus dem Mund des Herrn hören, können: Sehr gut, du bist ein tüchtiger und treuer Diener. Du bist im Kleinen ein treuer Verwalter gewesen, ich will dir eine große Aufgabe übertragen (Mt 25,21). Sorgt Euch um das, was Euch anvertraut ist, und belügt Euch nicht selbst, sondern begreift, dass das, was Euch vor allem anvertraut worden ist, Ihr selbst seid. Was hilft es also, alle aus dem Schmutz herausgezogen zu haben, wenn Ihr selbst noch darin steckt?

Deshalb befehle ich Euch nochmals, Euch immer wieder einen freien Augenblick zu verschaffen, damit Ihr Euere Gebete verrichten könnt, damit Ihr jeden Tag die Messe und am Sonntag die Predigt besuchen könnt. Auf jeden Fall aber gebt Acht, dass Ihr mit Frauen nicht viel Umgang habt, denn wisset wohl: sie sind die Falle, die der Teufel aufstellt, um die Diener Gottes zu Fall zu bringen. Denkt daran, wie David gesündigt hat, weil er eine Frau angeschaut hat, und wie sein Sohn Salomo wegen vieler Frauen sündigte und sogar seine Klugheit verlor und Götzenbilder im Tempel des Herrn aufstellte. Wir sind ja noch viel schwächer als jene; fürchten wir uns also zu fallen und lernen wir von ihnen. Täuscht Euch nicht, indem Ihr sagt: Ich will ihnen helfen, denn hinter den guten Absichten lauern die Gefahren, wenn man nicht klug ist. Gott will nicht, dass ich für das Wohl anderer sorge, wenn meine eigene Seele dadurch Schaden leidet.

Wegen der Notlage, in der Ihr Euch befindet, habe ich Euch schon geschrieben, dass dies überall so ist. Wenn. wir hingehen und etwas verlangen, sagt man, dass es schon Mühe macht, den vorhandenen Verpflichtungen nachzukommen. Ich hatte gedacht, der Herzog von Sesa hätte Euch eine Gabe geschickt, denn man hat mir gesagt, er sei darum gebeten worden. Wenn er Euch nichts geschickt hat, so bittet ihn nochmals darum, und er wird Euch etwas schicken; er ist Euch nämlich sehr zugetan, weil Ihr Euch um die Armen kümmert. Andernfalls wird der Herr sorgen, wenn auch etwas später. Ich habe mich sehr gefreut wegen der liebevollen Aufnahme, die Ihr in dem erwähnten Hause gefunden habt, und richtet meine Grüße aus an alle, die Euch solche für mich aufgetragen haben.

Da ich unterwegs bin, schreibe ich Euch nichts weiter. Steht fest in Jesus Christus, denn er wird Euch helfen. Und hütet Euch, damit der böse Feind sich nicht freuen muss, Euch zur Sünde verleitet zu haben. Gott aber sieht Euere Buße für die Vergangenheit und Euere Besserung für die Zukunft. Sein Heiliger Geist sei mit Euch.

 

Amen.

 

 

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