Erster Brief des hl. Johannes von Ávila

an Johannes von Gott

Ihr habt mir viel Trost gebracht, indem Ihr gut befolgt habt, was wir, Ihr und ich, vereinbart hatten, um P. Portillo in der Betreuung der Armen zu gehorchen. Wenn Ihr es immer so machen würdet, würdet Ihr beruhigter leben können und ich auch. Ich habe nämlich große Angst, dass der Teufel, der aus Eurem eigenen Kopf entspringt, Euch täuscht.

 

Wenn er jemanden nämlich nicht dadurch überwinden kann, dass er ihn Böses tun lässt, dann gelingt es ihm dadurch, dass er ihn das Gute in ungeordneter Weise tun lässt. Und was keine Ordnung hat, kann auch keinen Bestand haben; sofort nämlich gibt es Spaltungen untereinander, indem die einen dahin und die anderen dorthin streben. So sagt schon der Herr im Evangelium, dass jedes Reich, das in sich gespalten ist, zugrunde geht (Mt 12,25; Lk 11,17). Bemüht Euch deshalb sehr darum, mein Bruder, Euch der Meinung anderer unterzuordnen; dann wird Euch der Teufel nicht täuschen. Ein Heiliger sagt nämlich, dass jemand, der nur an sich selbst glaubt, nicht vom Teufel versucht zu werden braucht, denn er ist für sich sein eigener böser Geist. Und wenn es Euch auch gut zu sein scheint, was Ihr macht, so wisset doch, dass der Teufel sowohl im Guten wie im Bösen Fallen stellt.

Am Anfang scheint Euch dann alles gut voranzugehen, aber am Schluss scheitert alles; es kommt zu Streitigkeiten und anderen Sünden, und man entdeckt dann die Fallstricke, die für den ausgelegt waren, der zu unklug war. Ich bitte Euch, mein Bruder, um der Liebe unseres Herrn willen noch einmal, tut mir den Gefallen und handelt jetzt der Vereinbarung gemäß und im Gehorsam so, bis der Herr es fügt, dass ich dorthin komme oder Ihr mich besuchen kommt, wo ich gerade bin. Denn wenn. ich dort bin, wo Ihr seid, macht es nicht viel aus, wenn Ihr auch ein bisschen in Verwirrung geratet. Aber in der Ferne müssen sich die Freunde und die gehorsamen Kinder ihren Eltern gegenüber als folgsam erweisen. Sie müssen aufmerksam sein und dürfen nichts tun, was ihnen missfällt, wenn sie es erfahren. Sie sollen vielmehr so leben, dass sie sich im Herrn freuen können, wenn sie sich sehen.

Und da es der Wille des Herrn war, dass ich mich um Euch kümmere, und da er uns in brüderlicher Liebe vereint hat, werden wir auch eins sein. Dann werdet Ihr sehen, wie der böse Feind flieht; mit der Hilfe Jesu Christi werden wir ihn bezwingen. Der Teufel bemüht sich nämlich gerade darum, diesen Gehorsam und diesen Frieden zu rauben, wie es der Wolf tut, wenn er ein Schaf reißen will: Zuerst trennt er es von der Herde und den anderen Schafen, und wenn es allein ist, stürzt er sich darauf. Glaubt nicht dem Betrüger, sondern unserem Herrn Jesus Christus, der den Gehorsam so sehr liebt; er war ja Unserer Lieben Frau und dem heiligen Josef gehorsam (Lk 2, 51). Das hat er getan, um uns ein Beispiel zu geben. Denn wenn er, der soviel wusste, denen gehorchte, die geringer waren als er, dann wollen wir aus Liebe zu ihm uns gegenseitig gehorchen und uns untertan sein.

Und gebt wohl Acht, wenn Ihr die Frauen, die Gott dienen wollen, zu Euch nehmt; sie sind ein großes Hindernis und verursachen Kosten. Es wäre besser, sie nicht in der Obhut haben zu müssen, sondern sie bald zu verheiraten oder bei Damen in Dienst zu geben; andernfalls würde alles verdorben und zugrunde gerichtet. Und wenn einer als Klatschmaul bekannt ist, sollt Ihr ihn in Euerer Gemeinschaft nicht dulden, denn solche werden schließlich das Hospital in Verruf bringen. Wenn es Euch als Mangel an Liebe erscheinen sollte, jemanden wegzuschicken, so täuscht Ihr Euch, denn wenn Ihr einem einzelnen nichts Unangenehmes zufügen wollt, stürzt Ihr manchmal viele ins Unglück. Wenn ein Glied krank ist, muss man es abschneiden, damit nicht der ganze Mensch verdorben wird. Und wenn jemand aus Mitleid dieses kranke Glied nicht lostrennen wollte, wäre das nicht Mitleid, sondern große Grausamkeit, denn man würde ja den ganzen Menschen töten, um nicht ein einzelnes Teil verwunden zu müssen.

So ist es auch, mein Bruder, manchmal nötig, etwas zu verweigern, was von uns verlangt wird, jemanden wegzuschicken, der für das Wohl des Hospitals nicht gut ist, und andere Dinge zu tun, von denen Ihr nichts wisst. Wenn Ihr Euch dabei von Euerem eigenen Urteil verlocken lasst, so täuscht Ihr Euch. Dann wird Gott Euch strafen, auch wenn Ihr glaubt, ihm zu dienen. Gott hat Euch nämlich nicht berufen, zu herrschen, sondern beherrscht zu werden, und deshalb dient Ihr ihm nur, wenn Ihr gehorcht. Ihr habt dann keine Verantwortung, denn er wird von Euch keine Rechenschaft fordern für das, was Ihr auf Anraten anderer getan habt. Wenn Ihr mich gern habt und mir gehorcht, werde ich Euch an meiner Stelle P. Portillo zuweisen. Was er Euch sagen wird, das sage ich Euch, und was Ihr mit ihm verhandelt, wird sein, als ob Ihr es mit mir verhandeln würdet, und dies so lange, bis es Gottes Wille ist, dass wir uns sehen.

Christus halte Euch immer an der Hand. Amen. Und bittet ihn für mich, wie ich es ebenso für Euch tue.

 

 

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