Verschieden wie wir Brüder sind, verbindet uns doch alle die eine Berufung zur Nachfolge Christi als Ordensmänner im Zeichen der christlichen Gastfreundschaft. Wir nennen das „Hospitalität“ und meinen damit unsere besondere Sorge und den Einsatz für Menschen, die aufgrund von Alter, Krankheit, physischer oder psychischer Beeinträchtigungen ... Hilfe suchen, oder an den Rand der Gesellschaft gedrängt wurden.
Das Wort Hospitalität leitet sich vom lateinischen Wort „hospitalitas“ ab und kann mit „Gastfreundschaft“ übersetzt werden, muss aber um einige Dimensionen ergänzt werden, um die volle Bedeutung des Wortes im Sinne der Barmherzigen Brüder widerzuspiegeln.
Diese Aussagen müssen auf den jeweiligen Zweck eines apostolischen Werkes hin interpretiert werden. Ausgangspunkt für diese Interpretation ist das Leben des Ordensstifter, des hl. Johannes von Gott.
Hospitalität im Sinne der Barmherzigen Brüder ist also die uneingeschränkte, fachlich kompetente und christliche Gastfreundschaft.
Der Stellenwert der Hospitalität zeigt sich auch darin, dass die Barmherzigen Brüder zusätzlich zu den drei Gelübden, die Mitglieder aller Ordensgemeinschaften ablegen (Armut, Gehorsam und Ehelosigkeit), als viertes Gelübde das der Hospitalität ablegen.
Gastfreundschaft im Alten Testament
Im Alten Testament wird die Gastfreundschaft an vielen Stellen erwähnt. Sie ist dort mit einer besonderen Verheißung, einer Art göttlicher Belohnung verbunden.
Der reiche Segen Gottes für diejenigen, die anderen Gutes tun, wird besonders eindrucksvoll im Buch Jesaja 58,6-11 beschrieben: Das Bild von der Morgenröte wie von den schnell heilenden Wunden weist darauf hin, dass man selbst viel mehr davon profitiert, wenn man anderen Barmherzigkeit erweist, als die Betroffenen selbst.
Dass es Gott selbst ist, der zu uns kommt, wenn wir jemanden aufnehmen, will die Genesis (18,1-33) vermitteln: Abraham, der wegen seines unerschütterlichen Vertrauens und seiner Treue zu Gott von den drei großen monotheistischen Weltreligionen als gemeinsamer Vater im Glauben verehrt wird, erweist sich hier als ganz praktisches Vorbild der Gastfreundschaft: Er zeigt uns, wie viel Liebe wir in die Aufnahme eines Menschen legen können. Die drei Fremden, um die er sich kümmert, sind ein Bild für Gott selbst, wie es im ersten Satz der Erzählung heißt. Und auch hier ist die Gastfreundschaft mit einer besonderen Verheißung verbunden.
Gastfreundschaft im Neuen Testament
Ähnlich wie im Älteren Testament verhält es sich im Neuen Testament, wo uns das Vorbild der Gastfreundschaft in Jesus Christus begegnet. Er ist das Vorbild, an dem der hl. Johannes von Gott Maß genommen hat.
Vor allem die Haltung Jesu gegenüber dem kranken und hilfsbedürftigen Menschen hat für die Barmherzigen Brüder seit jeher Vorbildcharakter. Die vier Evangelien, die uns vom Leben und Wirken Jesu berichten, sprechen immer wieder davon: Jesus „nimmt innigsten Anteil an der existentiellen Erfahrung des Kranken und seiner Angehörigen. (vgl. Mt 14,14; 15,32; Lk 7,13; Joh 11,36) Weder widerspricht noch kritisiert er ihren Wunsch nach Heilung. Oft ergreift er als Erster die Initiative (vgl. Mk 10,49; Lk 8,49; Joh 9,1-3). Er verneint jeden Zusammenhang zwischen individueller Sünde und aktueller Krankheit (vgl. Joh 9,1-3). Er heilt den ganzen Menschen (vgl. Mt 9,1-7)“.
Jesu Liebe kennt keine Grenzen. Sie schließt auch Verfolger und Gegner ein und macht selbst vor dem Tod nicht halt: „Es gibt keine größere Liebe, als wenn einer sein Leben für seine Freunde hingibt.“ (Joh 15,13) Jesus will eine Revolution der Liebe. Das ist das Neue, das er der Menschheit bringt. Und diese radikale Liebe traut er jedem zu: „Liebt einander! Wie ich euch geliebt habe, so sollt auch ihr einander lieben. Daran werden alle erkennen, dass ihr meine Jünger seid: wenn ihr einander liebt.“ (Joh 13,34-35)
Mit diesem berühmten Gleichnis erklärt Jesus, was er unter Liebe versteht. Es ist ein eindringlicher Appell, sich der Not des Nächsten nicht zu verschließen. (Lk 10,25-37)
Das Gleichnis ist eine praktische Anleitung zur Hospitalität: Ist der barmherzige Samariter zunächst ein Bild für Christus selbst, so steht diese heilbringende Gestalt auch für jeden Menschen, der empfänglich ist für das Leid seines Mitmenschen. Wer angesichts des Unglücks seines Nächsten echtes Mitleid empfindet, ist in gewisser Weise ein barmherziger Samariter. Aber dieses Mitleiden ist nur ein erster Schritt, denn es kommt vor allem auf die konkrete Hilfe an. Und diese Hilfe ist letztlich „nur durch die aufrichtige Hingabe seiner selbst“ möglich.
Der barmherzige Samariter ist „derjenige, der zu dieser Selbsthingabe fähig ist“. (vgl. Papst Johannes Paul II, Salvifici doloris, S. 28-30)
In der christlichen Tradition haben sich, ausgehend von der Lehre und dem Leben Jesu Christi, nach und nach die sogenannten Werke der Barmherzigkeit herauskristallisiert. Dabei handelt es sich um eine Reihe konkreter Taten, „mit denen wir dem Nächsten in seiner leiblichen und geistigen Not beistehen“. (Katechismus der Katholischen Kirche, 2477).
In den Werken der Barmherzigkeit konkretisiert sich die Nächstenliebe. Auch das Almosengeben ist in der christlichen Tradition immer als „Hauptzeugnis der Bruderliebe“ und „Akt der Gerechtigkeit“ verstanden worden, wie der Katechismus betont.
Wer Jesu Rede vom Weltgericht liest, entdeckt den Ursprung der Werke der Barmherzigkeit. Denn dort erklärt Jesus, dass es nicht auf schöne Worte ankommt, sondern auf die Taten der Liebe: „Wenn jemand sagt: Ich liebe Gott, und hasst seinen Bruder, der ist ein Lügner. Denn wer seinen Bruder nicht liebt, den er sieht, kann Gott nicht lieben, den er nicht sieht. Und dieses Gebot haben wir von ihm: Wer Gott liebt, der liebe auch seinen Bruder.“ (1 Joh 4,20-21)
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