
Lavendel vom Berg
Ich stehe in mitten eines blühenden Lavendelfeldes. Die Luft ist erfüllt vom warm-würzigen Aroma des Lavendels. Die lilafarbenen Blüten locken unzählige Bienen, Hummeln, Schmetterlinge und andere Insekten an. Doch ich befinde mich nicht in der Provence, wie man glauben könnte, sondern im Salzburger Pongau am Furtlegg-Gut von Michael und Sabrina Warter.
Das Furtlegg-Gut liegt 1.200 Meter hoch. Der Lavendel hat sich diesen Bedingungen bestens angepasst. Auch wenn er etwas kleiner ist als seine Familienmitglieder im mediterranen Raum, beeinträchtigt das die Qualität nicht. Im Gegenteil, denn um in dieser Höhe zu gedeihen, müssen die Pflanzen in relativ kurzer Zeit ihre Duft- und Wirkstoffe entwickeln. Durch diese Konzentration ist der Bergbauern-Lavendel besonders intensiv.
Von Milch zu Lavendel
Michael und Sabrina Warter bewirtschaften den seit 1721 im Familienbesitz befindlichen Erbhof bereits in achter Generation. Da wederder Aufwand für die Milchwirtschaft noch der für die Mutterkuhhaltung und Fleischproduktion in einem Verhältnis zum Ertrag stand, wollte Michael etwas Neues wagen. Aber was tun auf einem so hoch gelegenen Hof, dessen magere, kalkhaltige Böden dem Wind ausgesetzt sind? Michael wollte beweisen, dass ein Bergbauernhof auch ohne Viehwirtschaft in eine gute Zukunft zu führen ist. Als er auf die Idee kam, Lavendel anzubauen, belächelten ihn die Nachbarn. „Das wird nie etwas“, prophezeiten sie ihm. Doch sie irrten sich.
2015 begann Michael mit 150 Pflanzen der Sorte Lavandula angustifolia, dem echten Lavendel, der nicht nur in der Naturheilkunde beliebt ist, sondern sich auch für kulinarische Zwecke eignet. Der Lavendel wuchs und gedieh. 2017 setzte er weitere 1.100 Pflanzen dieser Sorte sowie 300 der Sorte Lavandula latifolia, des Speiklavendels, der für Hydrolate und Öle verwendet wird. 2022 kamen noch einige Pflanzen der Hybridsorte Lavandula intermedia dazu. Die Vermehrung erfolgt über Saatgut; Lavendel ist ein Frostkeimer und muss abfrieren. Speiklavendel wird ausschließlich über Stecklinge vermehrt. Der Duft des Lavendels hängt übrigens von der Bodenbeschaffenheit ab. Die ersten Jahre arbeiteten Michael und Sabrina Warter, ohne viel Aufhebens um ihr Projekt zu machen. Nachdem sie 2019 die Biozertifizierung erreichten, brachten sie 2020 ihre Produkte offiziell auf den Markt.
Viel Aufwand und Handarbeit
Das Lavendeljahr ist von viel Aufwand und Handarbeit geprägt. Ab April/Mai werden die vom Schnee niedergedrückten Pflanzen aufgerichtet und begutachtet. Wenn der Boden trocken ist, wird er aufgelockert und gejätet. Das Jäten begleitet die Lavendelbauern durch die ganze Saison. Dann dürfen die Pflanzen wachsen, bis sie von Mitte Juli bis Mitte August geerntet werden. Der mit der Heckenschere ausgeführte Ernteschnitt ist zugleich der Formschnitt. Geerntet werden die noch nicht vollständig geöffneten Blütenstände um die Mittagszeit, wenn die Feuchtigkeit der Nacht vollständig verdunstet ist. Dann ist auch die Konzentration an ätherischen Ölen am höchsten. Die Blütenrispen dürfen am Feld anwelken, bevor sie in die Lavendelhütte gebracht werden, wo sie im Halbschatten einige Wochen trocknen. Dabei werden sie regelmäßig gewendet. Im September beginnt die Bodenlockerung, bei Bedarf erfolgt eine Kalkgabe. Auf einer kleinen Fläche hat Michael den Versuch gestartet, Schafwollvlies als Dünger einzuarbeiten. Während der Winterruhe heißt es aufpassen; liegt kein Schnee, trocknet der Wind, vor allem der Ostwind, alles aus.
Verschiedene Produkte
In einer kleinen Wasserdampfdestille werden Hydrolate und Öle destilliert. Sabrina verarbeitet die Blüten zu duftendem Gelee und Sirup – zartviolette i-Tüpfelchen für viele Gerichte und Getränke. Ein blumiges Lavendelsalz bringt den Duft des Sommers das ganze Jahr über auf den Tisch. Als Nächstes soll ein Lavendelessig entstehen.
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