Inseln der Erholung schaffen
„Wir leben in einer Welt, die mit vielen Druckmomenten verbunden ist, gerade was Erwartungen an Frauen betrifft“, erzählt Mag. Manuela Schwanzer, Bereichsleiterin Psychologie im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder in Wien. Vor allem die Doppelbelastung von Beruf und Familie sei für viele herausfordernd. Versorgungsaufgaben in der Familie liegen immer noch zu großen Teilen auf den Schultern der Frau, nicht nur für die Kinder, sondern immer mehr auch für die eigenen Eltern und Schwiegereltern.
Die Anforderungen und Rollenerwartungen kommen aber nicht nur von außen, sondern auch aus dem eigenen Selbstverständnis. Mit Fragen wie „Bin ich eine richtige Mama?“, „Bin ich eine gute Ehefrau?“ oder „Bin ich eine wertvolle Mitarbeiterin?“ machen sich Frauen selbst Druck. Sie möchten beweisen, dass sie klug und engagiert im Job sind, dass sie eine fürsorgliche Mama und eine liebevolle Ehefrau sind und so weiter. Diese Dinge kosten Energie und oft ist der Ausgleich dazu nicht gegeben.
Wie sich solche Probleme äußern können, weiß Manuela Schwanzer aus der Praxis. Ihr Team ist nicht nur für Patient:innen und Angehörige des Krankenhauses da, sondern auch für die Mitarbeiter:innen. „Im Gesundheitsbereich äußert sich Überforderung beispielsweise damit, dass die Betroffenen sehr sarkastisch werden und distanziert. Sie sprechen dann etwa nicht mehr von Herr oder Frau Soundso, sondern nur abwertend von der Bauchspeicheldrüse in Zimmer zwei.“ Aber auch das andere Extrem beobachtet sie. Viele Frauen merken, dass sie nicht mehr so belastbar sind, vor allem auch emotional. Auch in konkreten körperlichen Symptomen kann sich Überlastung äußern. „Manche bekommen Kopfschmerzen bei Stress, andere haben Magenschmerzen. Wichtig ist, dass ich bei körperlichen Beschwerden immer erst abklären lasse, ob eine körperliche Ursache dahintersteckt. Wenn das ausgeschlossen wurde, muss ich mir überlegen, ob es von der psychischen Seite kommt.“
Akku und Klavier
Manuela Schwanzer nutzt gern Bilder, um den Betroffenen zu verdeutlichen, wie wichtig es ist, auch auf das eigene Wohlbenden zu achten. „Jeder Akku, der ein Gerät am Laufen hält, muss irgendwann selbst an die Steckdose. In dieser Zeit, kann er nicht benutzt werden, bis er erneut vollgeladen ist.“
Es ist wichtig, zu fragen „Was tut mir gut?“, und die Antwort dann auch ernst zu nehmen. Dabei muss es nicht immer die dreiwöchige Urlaubsreise sein, nach der der Alltag weitergeht wie bisher. Wichtiger sind die regelmäßigen Momente der Ruhe und Entspannung. „Und wenn ich zehn Minuten auf der Toilette sitze und Atemübungen mache und in mich hineinhorche, wie es mir gerade stimmungsmäßig und auch körperlich geht. Vielleicht kann ich das erfühlte Problem nicht gleich ändern, aber es ist wichtig, das für mich selbst mal festzuhalten und so einen Teil der Spannung abzugeben.“ Auch soziale Kontakte sind laut Manuela Schwanzer wichtig, um eine Ausgleichsmöglichkeit zum Alltag und Erholungsinseln zu schaffen.
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