Autismus
Was ist Autismus?
Autismus-Spektrum-Störungen (ASS) sind komplexe Entwicklungsstörungen, die insbesondere die Fähigkeit betreffen in Beziehung mit anderen zu treten und zu kommunizieren. Darüber hinaus sind Interessen und Verhaltensweisen betroffener Menschen eingeschränkt und repetitiv. Dies hat Auswirkungen auf das Lernen, und die Selbständigkeitsentwicklung. Häufig kommt es zudem zu herausforderndem Verhalten. Laut der internationalen Klassifikation von Erkrankungen der WHO gehört Autismus zu den tiefgreifenden Entwicklungsstörungen und wird derzeit unter dem Oberbegriff „Autismus-Spektrum-Störung“ (ASS) zusammengefasst. Der Begriff „Spektrum“ weist darauf hin, dass einzelne Personen in sehr unterschiedlichem Ausmaß und Schweregrad betroffen sein können. Jeder Mensch mit Autismus ist einzigartig.
Variationsbreite bei Autismusspektrumsstörung
- manche Personen mit Autismusspektrumsstörung haben sehr geringe sprachliche Fertigkeiten, während andere flüssig sprechen, aber Schwierigkeiten haben eine Gespräch mit anderen zu führen
- manche sind extrem hoch intelligent, während andere eine schwere Intelligenzminderung haben können
- bei manchen sind ungewöhnliche Verhaltensweisen nicht sofort bemerkbar, während andere sehr unübliche und somit höchst auffällige Verhaltensmuster zeigen können
- manche sind sehr umgänglich und leicht zu steuern, während andere sehr leicht frustriert sind und eine Tendenz haben sich aggressiv zu verhalten oder sich selbst zu verletzen
Häufig ist das Entwicklungsprofil nicht ausgeglichen, sondern es gibt ausgeprägte Spitzen und Täler, d.h. Bereiche mit sehr guten Fähigkeiten und Bereiche mit ausgeprägten Schwierigkeiten.
Es ist wichtig die Entwicklung im Verlauf zu begleiten, weil sich Charakteristika im Verhalten und in der Entwicklung verändern können.
Derzeit gibt es keine vollständige Heilung. Möglichst frühe und intensive Therapien können jedoch sehr effektiv dazu beitragen, die Fähigkeiten der betroffenen Personen zu verbessern und ihre Lebensqualität sowie die ihrer Familien und ihres Umfelds zu steigern.
Autismusspektrumsstörungen gehen mit Besonderheiten in folgenden Bereichen einher:
- in der sozialen Interaktion
- in der Sprache und Kommunikation
- in Spektrum und Intensität von Interessen oder sich wiederholenden Verhaltensmustern
Einige Basisfakten
- Aktuelle Studien gehen von einer Häufigkeit von 1:100 Personen aus, d.h. 1% der Bevölkerung. Studienergebnisse weichen jedoch voneinander ab, da teils unterschiedliche Definitionskriterien herangezogen und Erfassungsmethoden verwendet werden. Die Zahl der diagnostizierten Personen mit Autismus nimmt seit den 1980er Jahren zu.
- ASS betreffen Buben 3-4x häufiger als Mädchen.
- Alle ethnischen und sozialen Gruppen sind betroffen.
- ASS kommen in Verbindung mit sehr unterschiedlichen Intelligenzbereichen vor.
- Erste Verhaltenssymptome treten typischerweise vor dem Alter von 3 Jahren auf.
- Bei etwa 20-30% scheint die soziale und kommunikative Entwicklung zunächst unauffällig zu verlaufen. Im Alter zwischen 18 und 24 Monaten kommt es jedoch zu einem Entwicklungsstopp oder zu einem Verlust bereits erworbener kommunikativer und sozialer Fertigkeiten (Regression).
- Derzeit gibt es keinen Labortest um festzustellen, ob eine Person Autismus hat oder nicht.
- Die Diagnose wird klinisch aufgrund des beobachtbaren Verhaltens und des Entwicklungsprofils sowie der Entwicklungsgeschichte gestellt.
- ASS gehen auf Besonderheiten in der frühen Hirnentwicklung zurück, welche die Informationsweitergabe von einer Nervenzelle zur anderen beeinflussen.
- Die genaue Ursache von ASS kann beim einzelnen Kind derzeit nicht festgestellt werden, obwohl genetische Faktoren (Veränderungen in der DNA) eine wichtige Rolle spielen.
- Bei einem Teil der Personen (ca. 10%) können zusätzliche medizinische Faktoren oder Erkrankungen festgestellt werden (z.B. Fragiles X-Syndrom, Tuberöse Sklerose, Sauerstoffmangel vor/während der Geburt, Infektionen während der Schwangerschaft).
- Wissenschaftliche Studien haben gezeigt, dass frühe Diagnose und Therapie sehr hilfreich sind, um das Verhalten und die Fähigkeiten des Kindes zu verbessern.
Frühsymptome - „red flags“ für Autismus
Erste Symptome, die auf eine autistische Entwicklung hinweisen, sind zumeist unscheinbar, weil das Kind bestimmte erwartbare Verhaltensmuster nicht oder vermindert zeigt. Es ist somit vorerst eher das Ausbleiben von Verhalten welches es zu beobachten gilt:
AB 12 MONATEN
- Reagiert das Kind, wenn Sie es beim Namen rufen?
- Benutzt das Kind den Zeigefinger um auf Interessantes hinzuweisen?
- Benützt das Kind erste Gesten wie Winken beim Verabschieden oder für „Bravo“, wenn ihm etwas gelungen ist?
- Wechselt das Kind mit dem Blick zwischen einem Gegenstand und Ihnen um Freude, Erstaunen oder Aufmerksamkeit mit Ihnen zu teilen?
- Wie gut können Sie mit dem Kind Blickkontakt aufnehmen?
AB 18 MONATE
- Zeigt das Kind Interesse an anderen Kindern?
- Imitiert das Kind, was andere tun?
- Zeigt das Kind „So-tun-als-ob-Spiel“ (z.B. als ob es mit einer Spielzeug-Teekanne Tee einschenken würde, die Puppe füttern oder ein anderes imaginäres Spiel)?
- Reagiert das Kind auf sprachliche Aufträge?
- Spricht das Kind?
KINDER MIT ASPERGER-SYNDROM
(ab Kindergartenalter):
- wenig „So-tun-als-ob“-Spiel
- wenig Interesse an oder Ablehnung von Gleichaltrigen
- Spezialinteressen
- Schwierigkeiten mit Veränderungen
- Verhaltensprobleme (Selbstbezogenheit, Hyperaktivität, Angst,…)
NACH DEM 2. LEBENSJAHR
Verhaltensmuster, die in der Entwicklung ungewöhnlich sind, und deshalbstärker auffallen, treten häufig erst später – nach dem 2. Lebensjahr - auf:
- Betrachtet das Kind häufig sich drehende Gegenstände, Muster, Lichteffekte oder genießt es Klang und Geräusche bestimmter Gegenstände?
- Tut das Kind bestimmte Dinge häufig und in immer derselben Weise (z.B. Türen auf- und zumachen, Lichtschalter an- und ausschalten, Gegenstände aufreihen,…)
- Beschäftigt sich das Kind mit einem oder zwei Gegenständen sehr lange?
- Interessiert sich das Kind mehr für Details an Gegenständen als für ihre Funktion?
- Hat das Kind Schwierigkeiten sich anzupassen, wenn sich tägliche Routinen oder die Umgebung ändern?