Mangelernährung: Die stille Gefahr im Krankenhausalltag
Mangelernährung bei PatientInnen ist nämlich keine Seltenheit. „Mehr als ein Drittel aller stationären PatientInnen in unserem Krankenhaus ist als mangelernährt einzustufen“, sagt Dr. Renate Kruschitz Ernährungs- medizinerin und Oberärztin am Elisabethinen-Krankenhaus in Klagenfurt. Um PatientInnen und auch ihre Angehörigen über das Thema Mangelernährung und die Gegenmaßnahmen zu sensibilisieren, klärt das Kranken- haus im Rahmen der „Malnutrition Awareness Week“ – der Woche des Bewusstseins für Mangelernährung, die von 7. bis 11. November stattfindet, mit Infoständen intensiv über die Verpflegung und Ernährungsversorgung in ihrem Krankenhaus auf.
Zu wenig Kalorien und Nährstoffe
Im europäischen Raum sind rund 20 bis 50% aller stationär aufgenommenen PatientInnen mangelernährt. Eine Mangelernährung, auch Malnutrition genannt, liegt dann vor, wenn eine Person ihren Bedarf an Energie, Proteinen und anderen Nährstoffen über die Nahrung nicht ausreichend decken kann. Damit ist das Gleichgewicht zwischen Nährstoffzufuhr und Nährstoffbedarf gestört, was zum unkontrollierten Abbau von Körpersubstanz führen kann. Unter den PatientInnen mit Mangelernährung sind sowohl Menschen, die aufgrund ihres schlechten Ernährungszustandes krank geworden sind, als auch solche, die durch eine schwere Krankheit diese erst diagnostiziert bekommen.
Einmal jährlich werden die gesammelten Daten weltweit ganz exakt erhoben. Am „Nutrition Day“ wird von Österreich ausgehend die Ernährungssituation der Menschen in Spitälern und Pflegeheimen in eine internationale Datenbank eingespeist. Auch das Klagenfurter Elisabethinen-Krankenhaus beteiligt sich seit Jahren an dieser Initiative zur gezielten Bekämpfung von Mangelernährung. „Die Ergebnisse ermöglichen einerseits einen Vergleich der beteiligten Krankenhäuser, andererseits wird das Bewusstsein über Stärken und Schwächen einzelner Stationen als Organisationseinheit geschaffen“, teilt der Leiter des Ernährungsteams am EKH Prim. Priv.-Doz. Dr. Michael Zink, D.E.A.A., Vorstand der Abteilung für Anästhesiologie und Intensivmedizin mit.
Nicht erkannte Mangelernährung
Eine nicht diagnostizierte Mangelernährung hat leidvolle und teure Folgen: „unter anderem eine schlechtere Wundheilung, höhere Infektanfälligkeit, mehr Komplikationen bei operativen Eingriffen und ungünstige Langzeitprognosen“, verdeutlicht die Internistin und Ernährungsmedizinerin des Elisabethinen-Krankenhauses OÄ Dr. Renate Kruschitz. Weiters führt OÄ Dr. Kruschitz an, habe „eine Mangelernährung erheblichen negativen Einfluss auf die Verweildauer der PatientInnen in einem Krankenhaus und auf die Sterblichkeitsrate.“ Aus diesem Grund ist die Vermeidung, frühzeitige Erkennung und Behandlung der Mangelernährung ein wesentlicher Schwerpunkt in der Arbeit des Ernährungsteams am Elisabethinen-Krankenhaus. Das Ziel des Ernährungsteams ist es, die ernährungstherapeutische Versorgung der Betroffenen zu verbessern.
Screening zeigt potenzielle Gefahr
Mangelernährung bleibt oft unentdeckt und daher auch häufig ohne eine entsprechende Therapie. Um PatientInnen mit einem Mangelernährungsrisiko möglichst frühzeitig zu erkennen, kommt am Elisabethinen-Krankenhaus Klagenfurt ein standardisiertes Mangelernährungsscreening zum Einsatz. Dabei handelt es sich um einen einfachen und schnellen Prozess, der Personen, mit einem Risiko für eine Mangelernährung oder bereits vorhandener Mangelernährung, zu identifizieren und festzustellen, ob weitere Maßnahmen z.B. die Durchführung eines detaillierten Ernährungsassessments über den diätologischen Dienst des Hauses erforderlich sind. „Das standardisierte Screening-Verfahren zum Zeitpunkt der stationären Aufnahme und im weiteren Behandlungsverlauf identifiziert die potenzielle Gefahr“, weiß Dr. Kruschitz. Zudem hilft es den MitarbeiterInnen Menschen mit einem Risiko für bzw. bereits manifester Mangelernährung zu erkennen. „Des Weiteren ist es auch notwendig, dass mögliche Auslöser erkannt und beseitigt werden können. Eine Ernährungstherapie, welche individuell auf die Bedürfnisse der Patienten/innen mit Mangelernährung abgestimmt ist, kann nach erfolgter Diagnose eingeleitet werden“, so der Leiter des Ernährungsteams Prim. Priv.-Doz. Dr. Michael Zink, D.E.A.A.
Abteilungsübergreifende Zusammenarbeit
Das Ernährungsteam am EKH gibt es seit 15 Jahren. Es handelt sich um multiprofessionell zusammengesetztes Team und besteht aus einem Arzt, einer Ernährungsfachkraft und einer Pflegekraft und kann bei Bedarf und in Abhängigkeit von der Einrichtung eng mit weiteren Fachkräften, z. B. aus der Apotheke, kooperieren.
In der sich anschließenden Ernährungstherapie für RisikopatientInnen arbeiten Diätologie, Pflegekräfte, Ärzte, Krankenhausküche und das Ernährungsteam eng zusammen. Therapiemöglichkeiten bestehen über den Einsatz von speziellen Kostformen, Verwendung von hochkalorische Trinknahrungen, Modulen zur Energie- und Eiweißanreicherung, bis hin zur Erstellung von speziellen Ernährungsplänen für Ernährung über den Magen-Darm-Trakt, rsp. Blutweg. Die Gründe für eine Mangelernährung sind vielfältig und können sowohl auf eine Unterernährung (= Mangel an Eiweiß), oder auch einen Nährstoffmangel (= Mangel von einzelnen Mikronährstoffen) hindeuten. Eine Mangelernährung schwächt zwar den Körper, jedoch ist sie häufig nicht sichtbar, weswegen sie auch als „stiller Killer“ bezeichnet wird. Mangelernährung führt unter anderem zu einem Anstieg der Mutter-Kind-Sterblichkeit, zu körperlichen Beeinträchtigungen sowie zur Schwächung des Immunsystems und der intellektuellen Fähigkeiten.
Mangelernährt trotz Übergewicht
Die Internistin OÄ Dr. Renate Kruschitz räumt mit einem gängigen Vorurteil auf: „Auch Menschen, die an Übergewicht oder Fettleibigkeit leiden, können mangelernährt sein, auch wenn der äußere Anschein dies nicht vermuten lässt.“
OÄ Dr. Renate Kruschitz
Erfüllung der UN Sustainable Development Goals (SDG)
Mit den Bemühungen rund um das Thema Mangelernährung trägt das Elisabethinen-Krankenhaus Klagenfurt auch zu 2 der insgesamt 17 „Sustainable Development Goals der Vereinten Nationen bis 2030“ (SDGs) bei. Diese definieren das Erreichen von globalen und nachhaltigen Zielen.
Ziel 2
Den Hunger beenden, Ernährungssicherheit und eine bessere Ernährung erreichen und eine nachhaltige Landwirtschaft fördern.
Ziel 3
Ein gesundes Leben für alle Menschen jeden Alters gewährleisten und ihr Wohlergehen fördern