Grün macht gesund - Beete statt Beton
DI Dagmar Wallgram hat mit Unterstützung von Mag. Dr. Elke Haber, MBA den Elisabeth Hof in ein Blumenparadies verwandelt
Das Elisabethinen-Krankenhaus Klagenfurt soll ein Ort sein, wo Menschen gesunden. Mit dem im Vorjahr errichteten, begrünten „Elisabeth Hof“ schafft man einen Erholungsort für PatientInnen, BesucherInnen und Mitarbeitende mit dem Ziel, die heilende Wirkung der Natur in den Alltag des Krankenhauses zu integrieren.
Ist es wirklich gesund, wenn man nur ins Grüne blickt?
DI Dagmar Wallgram: Die gesundheitsfördernde Wirkung von Grün kommt seit vielen Jahren in der Gartentherapie zur Anwendung. Studien belegen, dass allein der Anblick von lebendigem Grün sich positiv auf den Gesundheitszustand auswirken kann. Es müssen beispielsweise weniger Schmerzmittel verabreicht werden. Grün hat eine beruhigende Wirkung auf den Menschen und jeder kennt die wohltuende Wirkung eines Waldspazierganges.
Wie gelang es Ihnen im Elisabeth Hof Grün zwischen die Mauern zu bringen und dabei eine „heilende Umgebung“ zu schaffen?
Wir haben teilweise an den Gemäuern des Elisabeth Hofes eine bodengebundene Vertikalbegrünung vorgenommen. D. h. entlang der Wände wurden feine Edelstahlseile montiert, auf welchen sich die Kletterpflanzen (Waldreben) entlangwinden können, auf bis 13 Meter in die Höhe. Die Waldrebe ist auch in unseren Wäldern heimisch und klettert bzw. windet sich vom Erdboden über die Waldbäume dem Himmel entgegen.
Wie steht es um die gestalterischen Eigenheiten des Elisabeth Hofs? Wo lagen die Herausforderungen in der Planung des Elisabeth Hofs?
Die Standortbedingungen im Elisabeth Hof sind sehr speziell, im Fachjargon sagt man dazu Extremstandorte: sehr windgeschützt durch die bis 15 Meter hohen Wände, wenig Lichteinfall – nur wenige Stunden auf den einzelnen Beeten und wenn die Sonne dann im Sommer einfällt, sehr heiß, weil es keine Luftzirkulation gibt durch die geschützte Lage.
Also ein Rosengarten für die Hl. Elisabeth im Innenhof, das wird nicht funktionieren, dies konnte ich zumindest gleich bei der ersten Begehung der Auftraggeberin, Fr. Dr. Haber mitteilen. Wir müssen hier ein anderes Thema herausarbeiten, welches aber trotzdem der Hl. Elisabeth entspricht. Und so bin ich dann auf den grünen Garten, den „Dschungelgarten“ gekommen. Hildegard von Bingen nannte die Natur auch die „GRÜNKRAFT“ Virititas. Durch die immergrünen Pflanzen ist letztlich immer etwas Grün im Garten vorhanden.
Warum ist eine angenehme Umgebung so wichtig für erkrankte Menschen, Angehörige, BesucherInnen und auch Mitarbeitende im Haus?
Ein Garten ist immer eine Freude für das Auge des Betrachters, jeder Mensch kennt aus Kindertagen Gärten und Landschaftsräume aus der Natur – und beim Betrachten eines Gartenbeetes wird man daran erinnert. Grünräume sind im Hirn assoziiert mit Auszeit und Spiel!
Wie unterscheidet sich der Planungsprozess bei Gesundheitsbauten, wie am Beispiel des Elisabethinen-Krankenhauses, von dem für andere gewerbliche oder private Bauten?
Im Besonderen unterscheidet sich die Nutzung der Gartenräume durch die PatientInnen oder Mitarbeitenden. Sie nimmt bei Gesundheitsbauten einen äußerst hohen Stellenwert ein. Der Garten soll als Therapieform durch die reine passive Betrachtung oder dann auch durch aktive Betätigung bei Hochbeeten auch in den Krankenhausalltag einfließen können. Der Faktor Zeit wäre noch zu erwähnen: Die PatientInnen befinden sich in Krankenanstalten in einem Ausnahmezustand – sozusagen, befinden sie sich an einem Rückzugsort vom Alltag. Und die Seele stellt sich ein auf Heilung. Heilung passiert ganz langsam und diese Langsamkeit kommt dann auch der Betrachtung der Wildpflanzen „zugute“ – die Wahrnehmung der Natur erfolgt viel intensiver und genauer, als im stressigen Alltag. Durch diese Langsamkeit kann die Natur viel mehr Freude vermitteln als im Alltag. Und im besten Fall bekommt der Gartenraum auch noch eine musikalische Übersetzung.
Wie berücksichtigt der Elisabeth-Hof auch die zunehmende Klimaveränderung (Urban Heating Effekt)?
Es kommt zu keiner Versiegelung von Bodenflächen, Natursteine werden lose auf ein Splittbett verlegt, sodass das Regenwasser direkt in den Unterboden fließen kann und bei Hitzetagen zur Verdunstung zur Verfügung steht. Bei Verdunstung entsteht Verdunstungskälte, damit kommt es, nebst Laubbäumen und Staudenbeeten, zu einem kühlenden Effekt.
Heimische Alpenclematis, tibetische Clematis… zahlreiche Kletterpflanzen verschönern die hohen Mauern im Elisabeth Hof. Wie sollen solche vertikalen Gärten von den Betrachtern wahrgenommen werden?
Als eine gesamte grüne Wand – die Pflanze wird architektonisch eingesetzt und zeigt was sie kann und die kleinen zierlichen Blüten sind von bezaubernder Schönheit.
Die Stars im Elisabeth Hof sind wild anmutende Kompositionen aus Stauden, Gräser und Kletterpflanzen. Woher kommt das Interesse am scheinbar Unscheinbaren?
Das Interesse an klein blühenden Wildpflanzen ist in der Pflanzplanung an zweiter Stelle zu sehen. An erster Stelle sind für eine Pflanzplanerin Pflanzenkombinationen interessant, die über viele zukünftige Jahre hinweg stabile Pflanzengemeinschaften bilden, mit dem Standort zurechtkommen und im Anblick natürlich anmuten und wenn möglich kein Unkraut durchkommen lassen. Und die Botanik ist hier das Vorbild. Außerdem liegt der gestalterische Schwerpunkt auch auf den Blättern der Pflanze, denn das Blatt hat das gesamte Jahr gestaltenden Charakter, die Blüte nur kurz.
Klimaschutz und Artenvielfalt: Inwieweit lässt sich das in einem schattigen Innenhof umsetzen?
Allein die Bepflanzungsmaßnahmen im Innenhof, die Vertikalbegrünung, Laubbaum-, Sträucher-, Stauden- und Gräserpflanzungen bringen Kühlung in den Innenhof. Bei der Artenauswahl habe ich Wildpflanzen aus den Wäldern mehrerer Kontinente gewählt, um die Atmosphäre eines Wildgartens zu schaffen. Unter den heimischen Wildstauden sind der gelbe Lerchensporn, die Sterndolde, die blaue Akelei, aber auch die weiß blühende Wald-Anemone, das Schneeglöckchen und Farne unserer Wälder in den Staudenbeeten zu finden.
Betrachten Sie den Elisabeth Hof oder einen Garten generell als eine Bühne?
Das ist ein guter Vergleich – ja! Ein Gartenraum entsteht oft (nicht immer) aus dem Nichts – eine Bühne ist zu Beginn auch leer und die Bühnenbildnerin hat alle Möglichkeiten ihre Intention auszudrücken. Beim Garten bin ich allerdings nicht so frei – hier fließen die Standortbedingungen als limitierender Faktor oder als Voraussetzung in die Intention. Und das Arbeiten mit der Pflanze beginnt zwar beim Einpflanzen aber die zukünftige Zeit der Veränderung des Wachstums muss zu Beginn in die Planung impliziert werden.
Haben Sie persönlich Prinzipien in der Gartengestaltung?
Ich muss den Ort spüren können – also vor Ort sein – eine Gartenplanung rein digital auszuarbeiten dies ginge bei mir nicht. Wir nennen das den „Genius Loci – den Geist des Ortes“ zu erfassen und dann daraus mit den Wünschen der AuftraggeberInnen ein Gartenthema zu erarbeiten – das ist das wirklich Schöne an meiner Aufgabe! Und dann liegt oft mehr in der Reduktion. Darin muss ich mich noch üben, denn ich bin eine Pflanzenliebhaberin und erfreue mich über jede Pflanzenart, die Heimat findet in einem neuen Garten!
Arbeiten Sie lieber in urbanen Räumen oder auf dem Land?
Die Landschaftsplanung hat im städtischen Bereich einen höheren Stellenwert und außerdem ist eine Stadt ein sozialer Raum und lebt von ihrem Erscheinungsbild zwischen den Gebäuden, von funktionstüchtigen Freiräumen, die gerne von Menschen besucht werden wollen. Wenn ich reflektiere, zieht es mich eher in städtische Freiräume. Hier werden meine Dienstleistungen grundsätzlich benötigt – wobei das Anlegen malerischer Blumenwiesenlandschaften in ländlichen Räumen auch Freude macht.
Erfüllung der UN Sustainable Development Goals (SDG)
Mit den Bemühungen rund um den „Elisabeth Hof“ trägt das Elisabethinen-Krankenhaus Klagenfurt auch zu 6 der insgesamt 17 „Sustainable Development Goals der Vereinten Nationen bis 2030“ (SDGs) bei. Diese definieren das Erreichen von globalen und nachhaltigen Zielen.
Ziel 3 Ein gesundes Leben für alle Menschen jeden Alters gewährleisten und ihr Wohlergehen fördern
Ziel 11 Städte und Siedlungen inklusiv, sicher, widerstandsfähig und nachhaltig gestalten
Ziel 12 Nachhaltige Konsum- und Produktionsmuster sicherstellen
Ziel 13 Umgehend Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels und seiner Auswirkungen ergreifen.
Ziel 15 Landökosysteme schützen, wiederherstellen und ihre nachhaltige Nutzung fördern, Wälder nachhaltig bewirtschaften, Wüstenbildung bekämpfen, Bodendegradation beenden und umkehren und dem Verlust der biologischen Vielfalt ein Ende setzen
Ziel 17 Umsetzungsmittel stärken und die Globale Partnerschaft für nachhaltige Entwicklung mit neuem Leben erfüllen