Diabetes geht aufs Herz
Diabetes mellitus und Herzinsuffizienz gehören zu den häufigsten chronischen Erkrankungen, die global immer mehr zunehmen. Beide Erkrankungen erfordern eine besonders sorgfältige Behandlung. Anlässlich des Weltdiabetestages am 14. November klären die Internistin der Diabetes-Ambulanz am Elisabethinen-Krankenhaus Klagenfurt OÄ Dr. Ulrike Seppele und Internist und Kardiologe Dr. Mathias Außerwinkler auf, warum ein unbehandelter hoher Blutzucker folgenreich sein kann und
warum eine Herzschwäche eine häufige Komplikation bei Menschen mit Diabetes mellitus ist.
OÄ Dr. Ulrike Seppele und Dr. Mathias Außerwinkler, beide Abteilung für Innere Medizin am Elisabethinen-Krankenhaus Klagenfurt
Weltweit sind nahezu 10 Prozent der erwachsenen Bevölkerung von Diabetes mellitus betroffen, wobei mehr als 90 Prozent der Fälle auf Typ-2-Diabetes zurückzuführen sind. Eine alarmierende Tatsache ist, dass bei Patient:innen mit Diabetes mellitus das Risiko einer Herzinsuffizienz (Herzschwäche) bis zu dreimal erhöht ist. Umgekehrt haben viele Patient:innen mit Herzinsuffizienz häufig einen nicht diagnostizierten und damit auch nicht behandelten Prädiabetes.
Herzschwäche als häufige Begleiterkrankung
Im Elisabethinen Krankenhaus Klagenfurt spielt die Diabetes-Ambulanz eine entscheidende Rolle bei der frühzeitigen Diagnose und Behandlung der Stoffwechselerkrankung Diabetes mellitus und seinen Begleiterkrankungen. Gerade Diabetes mellitus und Herzinsuffizienz erfordern eine komplexe, multidisziplinäre Behandlung, die auf die spezifischen Bedürfnisse des/der Patient:in abgestimmt ist.
Chronisch erhöhte Blutzuckerspiegel führen zu einer sogenannten diabetischen Kardiomyopathie, bei der die Herzmuskelzellen geschädigt werden, oft gefolgt von einer Verdickung der Herzwände und einer reduzierten Pumpfunktion. Zusätzlich fördern diabetische Komplikationen wie Arteriosklerose und Hypertonie die Entstehenung der Herzinsuffizienz, wodurch das Herz nicht mehr in der Lage ist, ausreichend Blut durch den Körper zu pumpen. Die Organe erhalten nicht genügend Sauerstoff, was sich in verschiedenen Kranheitsbildern äußern kann.
Ursächlich ist eine sogenannte „Gefäßverkalkung“ der Arterien. Dabei lagern sich an der Innenwand von Blutgefäßen Fette, Cholesterin, Kalk und Bindegewebe an. Fachleute nennen diese Anlagerungen „Plaques“ und die Gefäßerkrankung „Arteriosklerose“.
Was häufig unterschätzt wird ist, dass viele Patient:innen mit Herzinsuffizienz an unentdecktem Diabetes oder Prädiabetes leiden.
Die Diagnosestellung der beiden Erkrankungen ist oftmals nicht ganz einfach und erfordert eine genaue Anamnese. „Gerade bei Diabetespatient:innen ist die Diagnose einer Herzinsuffizienz oft eine Herausforderung“, erklärt OÄ Dr. Ulrike Seppele. „Allzu oft neigen Betroffene dazu, die oftmals unspezifischen Symptome wie Luftnot und Leistungsminderung- oder -schwäche als Alterserscheinungen abzutun oder führen sie auf andere Erkrankungen zurück.“
Klinische Symptome und bildgebende Verfahren sind entscheidend für die Stellung der Diagnose und Klassifikation der Herzinsuffizienz. Konkret heißt dies: In der Ambulanz erfolgt eine gründliche Anamnese. Bei Verdacht folgen körperliche Untersuchungen, einschließlich EKG, Laboruntersuchungen und Echokardiographie. Diese sind unerlässlich. Daher ist auch die regelmäßige Untersuchung der Blutgefäße bei Menschen mit Diabetes wichtig, um durch eine gezielte Behandlung eine Verbesserung der Durchblutung zu erreichen.
Diabetes-Medikamente helfen schwachen Herzen
Stellen die Fachärzt:innen dann die Diagnose Diabetes oder Herzinsuffienz, wird angesichts des engen Zusammenhangs zwischen Glucosestoffwechsel und Herzinsuffizienz auch ein kombinierter Weg in der Therapie eingeschlagen.
Die Behandlungsmöglichkeiten überschneiden sich, weil einige Diabetesmedikamente auch zur Behandlung von Herzinsuffizienz – sowohl mit als auch ohne Diabetes – empfohlen und eingesetzt werden. „Klassische Medikamente, die bei einem Typ-2-Diabetes verabreicht werden wie z.B. SGLT2-Hemmer, verbessern durch ihre blutzuckersenkende Wirkung auch die Regenerationsfähigkeit der Gefäßwände und hemmen die Neigung zur Gewebeveränderung (Fibrose). In weiterer Folge wird auch die Versteifung des Herzmuskels reduziert. SGLT-2 Inhibitoren sind daher ein fix etablierter Bestandteil der Herzinsuffizienztherapie sowohl mit als auch ohne eingeschränkte Pumpfunktion des Herzens“, erkärt Dr. Mathias Außerwinkler. Ein weiteres wichtiges Therapeutikum sind GLP1-Agonisten, die ebenfalls eine positive Wirkung auf die Blutzuckerkontrolle und das Herz-Kreislaufsystem haben. Diese Wirkstoffgruppe wird besonders bei Typ 2 Diabetiker mit zusätzlich Adipositas, erhöhten Blutfetten mit und ohne Herzerkrankung eingesetzt.
Nebenwirkungen inklusive
Die Therapieziele sollten jedoch individuell auf den/die Patient:in und seine Begleiterkrankungen abgestimmt werden. Besonders bei älteren Diabetespatient:innen ist eine sorgfältige Überlegung und Überwachung der Therapieentscheidung notwendig.
Die SGLT2-Hemmer sind eine Medikamentenklasse, die aufgrund ihres Wirkmechanismus nicht nur zu Gewichtsverlust führen, sie tragen auch zum Risiko von genitalen Infektionen und Dehydratation bei. Sie erhöhen die Ausscheidung von Glukose über die Nieren, was zu einem Anstieg des Zuckers im Urin führt und mit einer vermehrten Urinausscheidung einhergeht. „Diese erhöhten Zuckerkonzentrationen können das Wachstum von Bakterien und Hefen begünstigen, welche zu Infektionen im Genitalbereich führen können“, so Diabetes-Spezialistin Dr. Ulrike Seppele, die dabei vor allem bei den geriatrischen Patient:innen auch die Gefahr von Dehydratation kennt. Ebenso sind diese Medikamente bei jeglichen Infektionen in der akuten Phase unbedingt zu pausieren, um einer Ketoazidose, eine gefährliche Übersäuerung des Körpers, entgegenzuwirken.
Auch Medikamente wie GLP-1-Agonisten, gehören, können bei älteren Menschen zu Mangelernährung und Muskelschwund führen.
Ein wesentlicher Aspekt der Behandlung besteht somit in der präzisen Auswahl von Medikamenten, die beide Krankheitsbilder positiv beeinflussen.
Gesunde Lebensstilfaktoren als Grundlage
Neben der medikamentösen Behandlung spielt der Lebensstil eine entscheidende Rolle in der Prävention und Behandlung beider Erkrankungen.
Regelmäßige Bewegung, ausgewogene Ernährung und die Kontrolle des Körpergewichts sind wesentliche Grundpfeiler einer multifaktoriellen Diabetes- und Herzinsuffizienztherapie und sollten im wahrsten Sinne des Wortes eine Herzensangelegenheit sein, betonen die Ärzte OÄ Dr. Ulrike Seppele und Dr. Mathias Außerwinkler.
Das gemeinsame Vorliegen von Diabetes melltitus und Herzinsuffizeinz verschlechtert die Prognose der Patient:innen erheblich. Frühzeitiges Erkennen und individuelle leitliniengerechte Behandlung sind erforderlich, um die Lebensqualität zu erhalten oder sogar wesentlich zu verbessern. „Eine Kontrolle der auf den Patient:innen und seine Erkrankung abgestimmten Medikamente und den Verlauf der Erkrankungen ist unbedingt über die Spezialambulanzen erforderlich“, teilt auch der Ärztliche Leiter des Elisabethinen-Krankenhauses und Vorstand der Abteilung für Innere Medizin Prim. Dr. Hans Jörg Neumann, MSc mit.
Diabetes-Ambulanz
Mo und Do 9:00 bis 12.30 Uhr
Terminvereinbarung: +43 (0) 463 / 5830 – 305
Erfüllung der UN Sustainable Development Goals (SDG)
Mit den Bemühungen rund um das Thema Diabetesbehandlung trägt das Elisabethinen-Krankenhaus Klagenfurt auch zu einem der insgesamt 17 „Sustainable Development Goals der Vereinten Nationen bis 2030“ (SDGs) bei. Diese definieren das Erreichen von globalen und nachhaltigen Zielen.
Ziel 3 Ein gesundes Leben für alle Menschen jeden Alters gewährleisten und ihr Wohlergehen fördern.
Ziel 4
Hochwertige Bildung
Inklusive, gleichberechtigte und hochwertige Bildung gewährleisten und Möglichkeiten lebenslangen Lernens für alle fördern.
Ziel 17
Partnerschaften zur Erreichung der Ziele
Umsetzungsmittel stärken und die Globale Partnerschaft für nachhaltige Entwicklung mit neuem Leben erfüllen