Initiator der Lebenswelt ist Prim. MR Priv.-Doz. Dr. Johannes Fellinger, Leiter des Instituts für Sinnes- und Sprachneurologie.
Ihn verbindet sehr viel mit der Gehörlosenwelt.
Sensibilisiert durch die Taubheit seines Vaters begann Dr. Johannes Fellinger 1991 Sprechstunden speziell für Gehörlose im Rahmen der Neurologischen Abteilung des Konventhospitals der Barmherzigen Brüder Linz anzubieten, um bei gesicherter Kommunikation in Gebärdensprache medizinische Hilfe in unterschiedlichen Bereichen anbieten zu können. Die daraus entstandene Gehörlosenambulanz (das heutige „Gesundheitszentrum für Gehörlose“) wurde zwei Jahre später eröffnet. Im Zuge dieser Arbeit reifte auch die Idee eine Lebenswelt aufzubauen.
Einige der PatientInnen der Gehörlosenambulanz hatten Zusatzbeeinträchtigungen und wurden aufgrund von Verhaltensproblemen zugewiesen. In der therapeutischen Keramikwerkstatt der Gehörlosenambulanz blühten sie auf, in Kommunikationsgruppen wurden sie individuell gefördert. Viele freuten sich, andere zu treffen und in Gebärdensprache kommunizieren zu können.
Überrascht, wie bescheidene therapeutische Angebote zu erstaunlichen Entwicklungsschritten führten, entstand bei Primar Fellinger die Vision einer Lebenswelt, die ganz auf die Kommunikationsvoraussetzungen dieser Zielgruppe abgestimmt sein sollte.
Für Dr. Fellinger war klar: Die beste Voraussetzung für Entwicklung und soziales Lernen ist ein therapeutisches Gemeinschaftsleben, in dem Erfahrungen in zwischenmenschlichen Beziehungen möglich sind. Die Projektidee reifte. Dr. Fellingers Familie mütterlicherseits, die seit Jahrzehnten mit dem Ort verbunden war, hatte ein altes Haus mitten am Schenkenfeldner Marktplatz. Mutter und Tante erklärten sich bereit das Gebäude unentgeltlich für das geplante Lebenswelt-Projekt zur Verfügung zu stellen. Die BewohnerInnen des Ortes waren offen für die Idee, allen voran Bürgermeister Peter Bergsmann, Pfarrer Andessner und die Volksschuldirektorin Edith Steffan. Die Gemeinde steuerte das alte ungenutzte Gemeindehaus bei.
Die Gründung der vis.com (Schule für Sozialbetreuungsberufe mit Schwerpunkt Behindertenbegleitung, Ausbildungsform in Gebärdensprache) im Jahr 1997, in dem gehörlosen und hörbehinderten Menschen für die Arbeit mit Menschen mit Beeinträchtigungen und Bedarf an visueller Kommunikation ausgebildet werden, ist untrennbar mit dem Aufbau der Lebenswelt Schenkenfelden verbunden.
Um eine ständige visuelle Kommunikationskultur zu gewährleisten, war es von Anfang an erklärtes Ziel, dass mindestens ein Viertel des Teams aus gehörlosen Mitarbeitern besteht.
1999 – Die Lebenswelt startet
Nach vier Jahren der Projektvorbereitung und des Baus bzw. Umbaus konnte die Lebenswelt im Juli 1999 mit 10 TeilnehmerInnen und 15 MitarbeiterInnen starten. Die ersten Wochen verbrachten sie in einem Haus des Gehörlosenverbandes Oberösterreichs in Kirchschlag. Die Freude beim Einzug in das Gerstl-Haus und die neu errichtete Wohnwelt war groß.
2011 – Lebenswelt Pinsdorf
Eine lange Warteliste für die Lebenswelt Schenkenfelden ließ die Idee reifen, eine zweite Lebenswelt zu eröffnen. Im Rahmen der Wohnoffensive des Landes OÖ konnten 2011 in Pinsdorf 13 Dauerwohnplätze und ein teilbetreuter Wohnplatz umgesetzt werden.
Die Arbeitswelt in der Gmundnerstraße bietet in therapeutischen Werkstätten nun Platz für 22 TeilnehmerInnen.
Inmitten der Marktgemeinde Wallsee-Sindelburg wurde im Oktober 2014 die Lebenswelt Wallsee als erste Lebenswelt in Niederösterreich eröffnet.
In den therapeutischen Werkstätten der Arbeitswelt sind bis zu 25 TeilnehmerInnen entsprechend ihren Fähigkeiten in verschiedenen Arbeitsprozessen beschäftigt. In der nahegelegenen Wohnwelt haben 10 TeilnehmerInnen ein Zuhause.
Aufgrund der besonderen Bedürfnisse von selbst- und fremgefährenden BewohnerInnen konnte mit Hilfe des Landes Niederösterreich innerhalb der Lebenswelt Wallsee eine Schwerpunkteinrichtung für 6 BewohnerInnen geschaffen werden. In einer Ganztagesbetreuung ist so eine individuelle Entwicklungsförderung möglich.
Im Zuge einer Wohnoffensive des Landes Oberösterreich zur Schaffung neuer Wohnplätze für Menschen mit Behinderungen entstehen in der Lebenswelt Pinsdorf 7 weitere Wohnplätze. Die neue Wohngruppe wurde im Herbst 2024 eröffnet.
Anlässlich des 20jährigen Bestehens wurde 2019 die Geschichte der Lebenswelt und bewegende Lebensgeschichten, die mit ihr in Verbindung stehen zusammengetragen.
https://www.barmherzige-brueder.at/unit/20jahrelebenswelt/home
Lebensfreude durch Gemeinschaft.
Gemeinschaft durch gemeinsame Sprache.
Verstehen durch Gebärdensprache.
Entwicklung durch Verstehen.