Carotisstenose (Einengung der Halsschlagader)
In Österreich finden im Jahr etwa 40.000 Schlaganfälle statt. Der Schlaganfall stellt die dritthäufigste Todesursache dar. Der Verlauf ist trotz aller Möglichkeiten der modernen Medizin immer noch sehr unbefriedigend, denn ein großer Anteil der betroffenen Patienten werden Pflegefälle. Etwa 80 % der Schlaganfälle sind durch Durchblutungsstörung bedingt. In etwa 20 % stellt die hochgradige Einengung der Halsschlagader (A. carotis interna) die Schlaganfallursache dar. In diesen Fällen kann dem Schlaganfall durch die gefäßchirurgische Beseitigung der Einengung an der Halsschlagader gut vorgebeugt werden.
Die Carotisstenose kann auf zwei Wegen zum Schlaganfall führen:
Einerseits kann durch die Verengung der Halsschlagader der Blutfluss zum Gehirn so vermindert werden, dass dies über die Minderdurchblutung und den damit verbundenen Sauerstoffmangel des Gehirns zum Schlaganfall führt.
Andererseits kann sich Material aus dem Plaque (= arteriosklerotisch bedingtes Einengungsmaterial der Arterie) durch die Pulsation des Blutflusses lösen und als so genannte Embolie in das Gehirn verschleppt werden, wo es eine kleine Hirnarterie verschließt und zum Schlaganfall führt.
Wir gehen heute davon aus, dass dieser letztere Mechanismus (die losgelöste Embolie aus Einengungsmaterial) die wesentlich häufigere Schlaganfallursache darstellt. Die gefäßchirurgische Beseitigung der Carotisstenose stellt wissenschaftlich bewiesen die effektivste Form der Schlaganfallprophylaxe dar. Mit der Carotisoperation wird nicht nur die Einengung behoben, sondern auch das gesamte Plaquematerial entfernt, sodass es zu keinen weiteren Embolisationen (=Verschleppung von Material in den Blutstrom) kommen kann.
Carotisoperation im Gefäßchirurgischen Zentrum Barmherzige Brüder
Unsere gefäßchirurgische Abteilung im Krankenhaus Barmherzige Brüder in Linz ist oberösterreichweit zahlenmäßig führend in der Carotischirurgie. Jährlich werden knapp 300 Carotisoperationen an unserer Abteilung durchgeführt.
Die Ergebnisse werden durch eine exakte Komplikationsstatistik jeder einzelnen Operation gemessen. Dies ist deswegen notwendig, da wie bei jedem Eingriff, Komplikationen auftreten können und die Qualität der Abteilung nicht nur an der Anzahl der durchgeführten Operationen sondern vor allem an der Ergebnisqualität zu messen ist. Neben anderen geringeren Risken besteht das wesentliche Risiko der Carotisoperation in einem durch die Operation ausgelösten Schlaganfall.
Die Anzahl dieser schweren Komplikation gilt es so niedrig wie möglich zu halten. In einer dokumentierten Serie von über 3000 Carotisoperationen an unserer Abteilung seit 2007, liegt die Rate der durch die Operation ausgelösten Schlaganfälle mit bleibendem Schaden derzeit bei knapp 0,8% der Operationen. Erfreulicherweise ist diese Komplikationszahl ausgesprochen niedrig. Ein Null-Risiko wird aber auch in Zukunft nicht erreichbar sein.
Zwei Methoden der Operation
Patchplastik
Bei der Patchplastik wird nach exakter operativer Ausschälung der Carotisgabel (= Entfernen des gesamten einengenden Plaquematerials) die eröffnete Arterie mittels Streifenplastik zur Erweiterung verschlossen. Als Streifenplastik wird heute in der Regel ein biologischer Patch verwendet.
Eversionstechnik
Als zweite Operationsmethode im Carotisbereich hatt sich die sogenannte Eversionstechnik etabliert. Dabei wird die A. carotis aus der Carotisgabel abgetrennt und in einem speziellen Stülpverfahren (Eversion) das Plaquematerial ausgeschält. Diese Methode hat einen Vorteil bei elongierter A. carotis, da durch die Neuanastomosierung eine Längenkorrektur durchgeführt werden kann.
Hirnmonitoring während der Carotisoperation
Um das Operationsrisiko so gering wie möglich zu halten, werden an unserer Abteilung zwei Maßnahmen gesetzt.
Erstens wird während der Carotisoperation die Gehirnfunktion des Patienten mittels so genannter evozierter Potentiale überwacht. Dabei wird die Reizantwort der beiden Gehirnhälften während der Operation seitengetrennt vom Anästhesisten aufgezeichnet und überwacht.
Zweitens wird für die Dauer der Klemmphase der Arterie über einen routinemäßig eingelegten Kunststoffshunt der Blutfluss zum Gehirn aufrechterhalten. Diese beiden Methoden und eine hohe Operationsfrequenz der Abteilung tragen sicher zu den guten Operationsergebnissen bei.
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Hirnmonitoring mit SEP |
Carotisoperation im akuten Schlaganfall
Als eines der ersten Häuser in Österreich wurde bereits vor Jahren mit der Carotischirurgie im akuten Schlaganfall begonnen. In enger Zusammenarbeit mit unseren Neurologen ist es in den letzten Jahren gelungen, einen diagnostischen Ablauf beim akuten Schlaganfall zu organisieren, der es erlaubt jene Patienten zu selektionieren, die von der Akutoperation profitieren. Voraussetzung dabei ist, dass der Schlaganfall durch eine hochgradige Einengung oder einen akuten Verschluss der A. carotis verursacht ist bei gleichzeitig offener intracraniellen Arterien. Ist dieser Patient zum Zeitpunkt der Einlieferung nicht bewusstlos und sind andere Ursachen für den Schlaganfall wie Blutung oder Tumor mittels Computertomogramm ausgeschlossen, so wird der Patient der Akutoperation zugeführt.
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Akuter Carotisverschluss |
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Akuter Carotisverschluss postoperativ |
Carotisstent
(= Dehnung der Carotisstenose und Stützung der Dehnungsstelle mit eingebrachtem Stentgitter)
Noch vor 10 Jahren sah es so aus, als sei der Gefäßstent (welchen wir in vielen Gefäßberzirken verwenden) auch im Carotisbereich eine gute Therapiealternative zur offenen Operation. Im Jahr 2012 erschienen 4 Studien, welche die Ergebnisse und Risiken der Stenttherapie mit der Carotisoperation verglichen: EVA-3S (Fr), SPACE (D,Ö), ICSS (USA), CREST (USA).
Dabei zeigte sich die klare Unterlegenheit des Stents im Vergleich zur Carotisoperation. Das Risiko durch die Stenteinbringung einen Schlaganfall auszulösen war vor allem bei den über 70 Jährigen deutlich höher als durch die Operation. Die Gefahr einer neuerlichen Einengung nach Stent war deutlich höher als durch die Operation. Dadurch verlor der Stent im Carotisgebiet seine Bedeutung ist heute besonderen Fällen vorbehalten, während die Carotisoperation den Standard darstellt.
Unabhängig von der Bedeutung des Stents im Carotisgebiet ist die Stenttherapie seit langer Zeit in vielen Gefäßbezirken des Körpers eine anerkannte Methode und eine wesentliche Bereicherung der angiologischen Therapie. Sowohl am Herzen (Coronarstent) wie auch an den Becken- oder Beinarterien gilt die Stenttherapie als wichtige, sichere Methode zur Therapie der arteriellen Durchblutungsstörung.
Carotisaneurysma, Carotisdissektion
Neben der arteriosklerotischen Einengung der Halsschlagader finden sich im Carotisbereich Aneurysmen und Dissektionen derselben. Während das Carotisaneurysma so gut wie immer gefäßchirurgisch entfernt werden muss, ist die Dissektion der Carotis (Einreißen der Innenwand der Arterie mit Bildung eines richtigen und eines falschen Lumens) nur in bestimmten Fällen eine Indikation zur gefäßchirurgischen Rekonstruktion.
Unsere gefäßchirurgisch spezialisierte Abteilung führt auch diese technisch hoch anspruchsvollen Gefäßoperationen häufig durch.
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Akute Carotisdissektion |
Akute Carotisdissektion - postoperativ |