PAVK (Beindurchblutungsstörungen)
Was ist PAVK?
Bei der PAVK kommt es durch Ablagerungen an der Gefäßwand zur zunehmenden Einengung von Arterien, die in weiterer Folge auch zu Verschlüssen führen können. Die Ursache dafür ist in den meisten Fällen die Atherosklerose (Gefäßverkalkung).
Klinisch entsteht dadurch eine Minderversorgung der Muskulatur mit Sauerstoff und Nährstoffen. Bei den betroffenen Patienten kommt es durch diese Unterversorgung des Muskelgewebes typischerweise beim Gehen zum Auftreten von Wadenschmerzen, die dann beim Stehenbleiben, also in Ruhe nach kurzer Zeit wieder verschwinden.
Dieses Phänomen nennt man Claudicatio intermittens und wird auch als Schaufensterkrankheit bezeichnet.
Wenn diese genannten Symptome nicht rechtzeitig erkannt und behandelt werden kann die Durchblutungsstörung weiter voranschreiten und letztendlich die Unterversorgung des Gewebes mit Nährstoffen und Sauerstoff dazu führen, dass bereits in Ruhe Schmerzen auftreten und in weiterer Folge Gewebe abstirbt, wie das beim klassischen Raucherbein der Fall ist. In diesem Stadium der PAVK (kritische Ischämie) liegt eine existentielle Bedrohung des Beines vor und dies kann unbehandelt zur Amputation führen.
Die PAVK verläuft klassischerweise in 4 Stadien (Fontaine I-IV) und ist gut diagnostizierbar.
Ziel der Gefäßchirurgie ist es also durch entsprechendes frühzeitiges Erkennen einer Durchblutungsstörung die entsprechenden therapeutischen Maßnahmen einzuleiten um eine Amputation effektiv zu verhindern.
Wie wird die PAVK festgestellt? (Diagnostik)
ABI (Arm-Bein-Index)
Bei dieser einfachen, aber effektiven Untersuchung werden die Blutdrücke an Beinen und Armen mittels Ultraschallsonde gemessen und miteinander verglichen. Dabei kann ein Wert (Index) errechnet werden, der als Parameter für das Vorliegen einer relevanten Durchblutungsstörung herangezogen wird. Gleichzeitig werden Flusskurven des Blutstromes erhoben, die eine zusätzliche Aussage über die ungefähre Lokalisation der Engstelle zulassen.
Duplexsonographie
Die Durchführung einer Duplexsonographie ermöglicht die genauere Darstellung des Gefäßes und die Beurteilung des Ausmaßes der arteriellen Engstelle.
Beide Verfahren stellen die Eckpfeiler der Gefäßabklärung dar und werden als Basisdiagnostik ambulant durchgeführt, um dann die entsprechende weiterführende Abklärung und Bildgebung veranlassen zu können.
MR Angiographie
Die MR Angiographie ist die dreidimensionale Darstellung des arteriellen Gefäßsystems mittels Kontrastmittel und Magnetresonanz. Sie ist eine nicht invasive Methode zur Beurteilung der großen Gefäße vom Zwerchfell bis zum Sprunggelenk und ermöglicht eine exakte Einschätzung des Ausmaßes der Gefäßveränderungen und ist Voraussetzung für die Planung der weiteren Therapieschritte.
CT-Angiographie
Durch die Computertomographie kann das Gefäßsystem ebenfalls mittels Kontrastmittel dargestellt werden. Zusätzlich kann durch diese Methode die Arterienwand beurteilt werden und das Ausmaß der Verkalkung bestimmt werden, was für die Therapieentscheidung und Auswahl des Behandlungsverfahrens (Operation oder Intervention) eine wichtige Rolle spielt.
Angiographie
Die Darstellung der Arterien mittels Punktion der Leistenschlagader und direktem Einbringen von Kontrastmittel zur Gefäßdarstellung spielt in der primären Abklärung heutzutage eine untergeordnete Rolle, da die zuvor genannten Verfahren so gut entwickelt sind, dass sie die konventionelle Angiographie als Diagnostikverfahren mittlerweile verdrängt haben. Die Angiographie mittels Katheter stellt allerdings einen wichtiges minimal invasives Verfahren in der Behandlung dar (interventionelle Radiologie)
Wie wird die PAVK behandelt? (Therapie)
Das Behandlungsziel ist die Wiederherstellung des Blutflusses und die Behebung der Engstellen (Stenosen) im Gefäßsystem. In einer täglichen interdisziplinären Besprechung zwischen Gefäßchirurgen und Radiologen werden die erhobenen Befunde gemeinsam gesichtet und für jeden Patienten individuell das geeignete therapeutische Vorgehen ausgewählt und die weiteren Behandlungsschritte festgelegt.
Dabei wird entschieden, ob ein endovaskuläres oder operatives Vorgehen gewählt wird
Endovaskuläre oder interventionelle Therapie
Die interventionelle Therapie bei Gefäßerkrankungen nimmt einen wichtigen Stellenwert in der Behebung von Stenosen (Einengungen der Arterien) ein. Die Behandlung selbst erfolgt in örtlicher Betäubung durch Punktion der Leistenschlagader und durch das Einbringen von Führungsdrähten und Gefäßkathetern über ein Schleusensystem in das Gefäßinnere. Nach erfolgreicher Passage der Engstelle kann der Radiologe durch spezielle Ballons eine Dehnung der Stenose durchführen. Wenn dabei das Behandlungsergebnis nicht zufriedenstellend ist werden in gleicher Sitzung selbst entfaltbare Metallgitter (Stents) zur Stabilisierung platziert, welche nach einer bestimmten Zeit durch die Bildung einer neuen Innenschicht in das Gefäß einheilen. Der Langzeiterfolg dieser Therapie ist im Wesentlichen von der Lokalisation und der Länge der Stenose abhängt. Nach erfolgreicher Behandlung wird die Punktionsstelle mit einem Verschlusssystem verschlossen und ein Druckverband im Leistenbereich bis zum nächsten Tag angelegt. Üblicherweise kann der Patient das Krankenhaus am übernächsten Tag wieder verlassen. Einen wesentlichen Beitrag zum Erfolg dieser Behandlung stellt aber die anschließende medikamentöse Gerinnungstherapie dar, die die behandelte Gefäßstelle bis zur vollständigen Abheilung vor der Bildung eines Blutgerinnsels schützen soll. Die entsprechende medikamentöse Behandlung wird bei der Visite besprochen und im Arztbrief festgelegt sowie zur Entlassung mittels Rezept verordnet.
Intervention der Beckenarterien
Vor allem dieser Bereich des Gefäßsystems stellt einen hervorragenden Zielbereich für die endovaskuläre Behandlung dar, da die Gefäße des Beckens einen relativ großen Querdurchmesser haben und Stents in diesem Bereich eine sehr gute Langzeithaltbarkeit besitzen. Zusätzlich sind die Arterien in diesem Gefäßsegment zumeist nur umschrieben und kurzstreckig verkalkt, was die Offenheitsrate begünstigt.
Nur die Leistenarterie selbst (A.femoralis communis) ist für eine PTA/Stenttherapie nicht geeignet. Eine Stenose oder ein eventueller Verschluss der Leistenarterien ist somit nur mittels operativer Therapie durch Bypass oder Desobliteration (= Ausschälung) sinnvoll behebbar.
Stent im Beckenbereich |
Intervention der Oberschenkel- und Kniearterien
Einzelne und kurzstreckige Stenosen (Engstellen) der Oberschenkeletage können ebenfalls mittels Ballondilatation behoben werden. Allerdings ist die Langzeitoffenheitsrate in dieser Region schlechter einzustufen als jene der Beckenarterien und die Rezidivstenoserate (Neuauftreten von Einengungen nach bereits erfolgter Therapie) der Oberschenkelachse beträgt 25 % nach primär erfolgreicher Behandlung.
Die Implantation von Stents bewirkt in der Oberschenkelachse keine zusätzliche Therapieverbesserung. Gelegentlich kann es allerdings notwendig sein, dass aufgrund des radiologisch nicht zufriedenstellenden Dilatationsergebnisses die Implantation eines Stents notwendig wird. Im Bereich des Kniegelenkes – also in Beugezonen des Gefäßes - versucht man wie im Bereich der Leiste keine Stents einzusetzen, da hier die mechanische Belastung des Gefäßsystems zu groß ist und es zu Brüchen (Frakturen) des Stents kommen kann. Langstreckige Verschlüsse der Oberschenkelachse sowie multiple Stenose, die oft einem funktionellen Verschluss gleichkommen, stellen eine Indikation zur operativen Sanierung mittels Bypassanlage dar.
Intervention Oberschenkel |
Intervention der Unterschenkelarterien
Die Dehnung der sehr kaliberschwachen Gefäße des Unterschenkels stellt eine Ausnahmeindikation dar und wird nur bei Existenzbedrohung des Beines durchgeführt.
Durch den kleinen Durchmesser dieser Arterien (ca. 2mm) ist die Gefahr eines neuerlichen Verschlusses sehr hoch. Nach primärem Therapieerfolg kann es daher rasch zu einem Verschluss des behandelten Abschnittes kommen und die primär vorhandene Gefäßproblematik durch eine Ausdehnung der Verschlusslänge im Falle eines Reverschlusses verschlechtert werden. Diese führt dann zumeist zu einer akuten klinischen Verschlechterung des behandelten Beines, die schwer zu behandeln ist. Demnach kann die Therapie im Unterschenkelbereich bei stabiler Klinik im Falle eines Therapieversagens ein noch ausreichend durchblutetes Bein in eine kritische Durchblutungssituation bringen und im Falle eines anschließend neuerlichen Therapiemisserfolges zur Amputation führen.
Die Rezidivrate liegt in den Unterschenkelarterien bei 40 % nach PTA-Therapie. Trotzdem muss bei Beinbedrohung und bei geeigneten kurzstreckigen, aber hochgradigen Einengungen der Arterie diese Therapieoption voll ausgeschöpft werden. Andererseits muss aufgrund der hohen zu erwartenden Wiedereinengungsrate die Indikation bei fehlender Beinbedrohung sehr zurückhaltend gestellt werden. Gute individuelle Beratung durch den Gefäßmediziner auf der Basis einer exakten Gefäßdiagnostik ist in diesen Fällen essentiell.
Die Offenheitssrate einer primär erfolgreichen Behandlung mittels Ballon oder Stent ist im Wesentlichen davon abhängig, wie lange die Stenose und welchen Durchmesser das Zielgefäß aufweist. Je länger die Stenose und je kaliberschwächer die Arterie, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit eines späteren Verschlusses. Aus diesem Grund kommen in der modernen interventionellen Radiologie medikamenten beschichtete Ballons und Stents zur Anwendung, die das primäre Behandlungsergebnis zusätzlich stabilisieren, indem ein Medikament in die Gefäßwand verabreicht wird, das eine rasche innerliche Narbenbildung (Intimahyperplasie) und einen Reverschluss verhindern soll.
Intervention Unterschenkel |
Bypassoperation
Langstreckige Verschlüsse, die nicht sinnvoll endovaskulär behoben werden können, müssen operativ behandelt werden. Das häufigste chirurgische Verfahren ist hierfür der Bypass. Dabei wird chirurgisch eine Umleitung des Blutflusses hergestellt.
Hierfür wird der Bypass zentral an einem gut durchbluteten Spendergefäß angeschlossen und an jenem Bereich eingenäht, in dem eine entsprechende Empfängerarterie vorhanden ist, die das Blut Richtung Fuß weiter transportieren kann.
Idealerweise wird dafür die körpereigene Vene verwendet, da diese die beste Langzeithaltbarkeit aufweist. Sollte keine entsprechende Vene mehr vorhanden sein, so kann in Ausnahmefällen auch Kunststoffmaterial verwendet werden.
Nicht in allen Fällen ist eine Bypassmöglichkeit gegeben. Manchmal liegt ein von den Endarterien des Fußes aufsteigender Verschlusstyp vor. In diesem Fall ist kein ausreichender Bypassabstrom vorhanden und der Weitertransport des Blutes zum Fuß nicht möglich. Der Bypass endet sozusagen in einer Sackgasse und ist damit sinnlos.
keine Anschlussfähige Unterschenkelarterie |
Aorten-Beckenbypass
Im Aorten-und Beckenbereich wird üblicherweise Kunststoff als Bypassmaterial verwendet. Aufgrund des großen Gefäßdurchmessers und der relativ kurzen Bypasslänge ist dies mit guter Langzeithaltbarkeit verbunden. Selbst ein kompletter Verschluss der Bauchschlagader (Aorta) kann so mittels Y-Prothese rekonstruiert werden.
Y Prothese bei Aortenverschluss |
Oberschenkelbypass
Bei langstreckigen Verschlüssen der Oberschenkelarterien erfolgt die Rekonstruktion mittels Venenbypass. Durch die Verwendung des körpereigenen Gewebes als Bypassmaterial kann eine sehr gute Langzeithaltbarkeit erreicht werden. In der Regel erfordert diese Bypassart im Anschluss an die Operation eine lebenslange Blutverdünnung mit Marcoumar um die Haltbarkeit der Rekonstruktion zusätzlich medikamentös zu Unterstützen.
Oberschenkelbypass |
Unterschenkelbypass
Rekonstruktionen an die Unterschenkelarterien sind komplexe Operationen, die mit der Indikation Beinerhalt durchgeführt werden. Verschiedene Techniken stehen zur Verfügung. Insbesonders ist im Einzelfall zu entscheiden, ob ein Einzelgefäßanschluss oder ein Mehrfachanschluss z.B. in Form eines sogenannten Brückenbypass durchgeführt werden soll.
Unterschenkelbypass |
Fußbypass
Erst in den letzten Jahren konnte die Bypassanlage bis auf die Fußarterien ausgedehnt werden. Zwischenzeitlich ist diese Bypassform an unserer Abteilung Routine. Die Fussbypässe zeigen äußerst zufriedenstellende Langzeitergebnisse, mit denen sich manch amputationsgefährdetes Bein erhalten lässt. Insbesonders der Diabetiker neigt zu sogenannten Segmentverschlüssen der Unterschenkelarterien, bei denen aber einzelne Fußarterien noch lange Zeit offen bleiben. Aufgrund dieses Diabetes-spezifischen Verschlusstyps profitieren besonders Diabetiker von dieser Bypassform.
Fußarterienbypass |