Arteriosklerose
Die Arteriosklerose ist eine generalisierte, chronische Erkrankung des Gefäßsystems. Hierbei kommt es durch eine initiale Innenschichtschädigung der Arterien mit nachfolgender Ablagerung von Fett und Kalk kombiniert mit entzündlicher Reaktion der Gefäßinnenschichten zu einer zunehmenden Einengung und schließlich zu einem völligen Verschluss der Schlagadern (Arterien).
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Gesunde Arterie |
Arteriosklerotische Arterie |
Die Arteriosklerose ist ein chronischer Prozess, der über Jahre und Jahrzehnte abläuft. Typische Folgeerkrankungen sind Schlaganfall, Herzinfarkt und Durchblutungsstörungen der Beine. Die Arteriosklerose ist die häufigste Wohlstandserkrankung der westlichen Welt und die häufigste Todesursache überhaupt in den Industrieländern.
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Arteriosklerotische Plaque |
Gefäßzielgebiete
In Abhängigkeit davon, welche Stellen des Blutkreislaufes von der Arteriosklerose betroffen sind, äußert sie sich in verschiedenen Krankheiten mit unterschiedlichen Symptomen und Verläufen:
- Koronare Herzkrankheit: bei Verengung der Herzkranzarterien äußert sich dies als belastungsabhängiger Herzschmerz (Angina pectoris) oder führt zum Herzinfarkt
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Koronarangiogramm - Koronarstenose |
- Schlaganfall: ein Schlaganfall kann verschiedene Ursachen haben, eine davon ist die arteriosklerotische Verengung der Gehirngefäße oder der Halsschlagadern
- Peripher arterielle Verschlusskrankheiten: die Einengung der Beinarterien führt zur verminderten Sauerstoffversorgung der Beinmuskulatur. Bei Belastung der Beine durch Gehen treten daher Muskelschmerzen auf, die zum Stehenbleiben zwingen. Nach kurzer Erholung kann der Weg fortgesetzt werden ("Schaufensterkrankheit").
- Aneurysma: Bei einem echten Aneurysma ist die gesamte Gefäßwand mit allen Schichten (Intima, Media und Adventitia) erweitert. Als Ursache stehen die degenerativen Gefäßwand Erkrankungen (in über 80 % der Fälle Atheriosklerose) zahlenmäßig weit im Vordergrund. Überwiegend sind Männer ab dem 50. Lebensjahr betroffen, vor allem Hypertoniker und Patienten mit peripherer arterieller Verschlusskrankheit. Ein Riss der Gefäßwand, der hier durch die mit der Aufweitung verbundene Schwächung des Gefäßes eintreten kann (Ruptur), kann je nach Lage des Gefäßes lebensbedrohlich sein.
- Arteriosklerose der Nierenarterien: die Minderdurchblutung der Niere kann einerseits die Nierenfunktion beeinträchtigen und andererseits über einen hormonellen Steuerungsmechanismus zu hohem Blutdruck (Hypertonie) führen.
- Augenarterien: die Minderdurchblutung der Augenarterien kann Sehverschlechterung zur Folge haben
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Augenhintergrundarterien |
Bei Auftreten einer der oben genannten Erkrankungen liegen meist arteriosklerotische Gefäßveränderungen im gesamten Körper vor. Um eine Folgeerkrankung frühzeitig zu erkennen und eine entsprechende Therapie einleiten zu können, sollte ein umfassendes Gefäßscreening veranlasst werden.
Der Stellenwert der Arteriosklerose zeigt sich in der europäischen Sterbestatistik. Die Arteriosklerose ist für mehr als die Hälfte aller Todesfälle verantwortlich. Das heißt, mehr Menschen sterben an Folgen der Arteriosklerose als an einem bösartigen Tumor.
Diagramm: Woran stirbt der Westeuropäer? |
Risikofaktoren der Arteriosklerose
Wir unterscheiden bei der Entwicklung einer Arteriosklerose zwischen negativen (die Arteriosklerose begünstigenden) und positiven (vor Arteriosklerose schützenden) Faktoren sowie zwischen beeinflussbaren und nicht-beeinflussbaren Risikofaktoren.
Die nicht-beeinflussbaren Risikofaktoren bestimmen, innerhalb welcher Grenzen sich die Arteriosklerose entwickeln kann. Wohingegen die beeinflussbaren Faktoren das individuelle Risiko innerhalb dieser Grenzen festlegen.
Beeinflussbare negative Faktoren | Beeinflussbare positive Risikofaktoren |
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Nicht beeinflussbare negative Risikofaktoren |
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Alter, Geschlecht und erbliche Veranlagung sind durch den Einzelnen natürlich nicht beeinflussbar. Durch konsequente Reduktion von beeinflussbaren Risikofaktoren kann jedoch jeder selbst dazu beitragen, das Risiko einer Arteriosklerose zu senken bzw. den Krankheitsprozess abzubremsen.
Negative - beeinflussbare Risikofaktoren
RauchenDie vollständige Beendigung (Abstinenz) des Rauchens ist eine der wichtigsten therapeutischen Einzelmaßnahmen bei Patienten mit arteriosklerotischen Gefäßerkrankungen. Durch Beendigung des Rauchens kann eine 50%-ige Risikoreduktion erreicht werden. Rauchen schädigt die Zellwände (Endothel), zudem wird das gute HDL-Cholesterin durch das Rauchen verringert, sowie das Fibrinogen (welches die Blutflusseigenschaften negativ beeinflusst) erhöht. Nach Aufgabe des Rauchens normalisieren sich diese Werte wieder vollständig. Auch das Passivrauchen (ungewolltes Mitrauchen) ist ein Risikofaktor für Gefäßerkrankungen (wie wenn man die entsprechende Menge selbst rauchen würde). |
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Riskofaktor Rauchen |
Erhöhter Blutdruck (Hypertonie)
Das Arterioskleroserisiko steigt kontinuierlich mit der Höhe des Blutdrucks. Bereits dauerhaft hochnormale Blutdruckwerte (140-130/90-85 mmHg) sind mit einem erhöhten Arterioskleroserisiko verbunden. Ruheblutdruckwerte sollten unter 125/85 mmHg liegen. Dies ist mit einer Lebensstiländerung (Gewichtsnormalisierung, regelmäßiges körperliches Ausdauertraining, Limitierung des Alkoholkonsums, Reduktion der Kochsalzzufuhr auf ca. 6 g/Tag) sowie eventuell zusätzlicher medikamentöser Hochdruck-Therapie zu erreichen.
ÜbergewichtÜbergewicht erhöht das Risiko für Diabetes, Bluthochdruck und erhöhte Blutfettwert (Hyperlipidämie). Ziel ist das Erreichen des Normalgewichts. |
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Risikofaktor Falsche Ernährung |
Blutfetterhöhung (Hyperlipidämie)
Durch Senkung des LDL-Cholesterin-Wertes sowie durch Verminderung der Triglyceride im Blut und Erhöhung der HDL-Cholesterin-Werte, ist nachweislich ein langsameres Fortschreitens der Arteriosklerose zu erreichen. Sollten die Zielwerte der Blutfette mittels Lebensstiländerung nicht erreicht werden, ist eine zusätzliche medikamentöse Prävention (z.B. durch Gabe eines Statins) zu empfehlen.
Die Zielwerte bei Arteriosklerosepatienten sind: |
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Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus)
Die Arteriosklerose bei Diabetikern beginnt im früheren Lebensalter und verläuft wesentlich schwerer als bei nichtdiabetischen Patienten. Dies gilt sowohl für insulinabhängige als auch für insulinunabhängige Diabetiker. Die Arterioskleroseentwicklung korreliert eng mit der Diabetesdauer. Eine strenge Blutzuckereinstellung mit Zielwerten von HbA1c <6,5; Nüchternblutzucker
Hyperhomozysteinämie
Homozystein ist ein schwefelhaltiges Zwischenprodukt im Aminosäurestoffwechsel. Als häufigste Ursache für erhöhte Homozysteinwerte gilt der Folsäuremangel, der durch Vitamingabe auszugleichen ist.
Der Stellenwert der Hyperhomozysteinämie als Arterioskleroserisikofaktor wird zur Zeit unterschiedlich bewertet. Ob die Hyperhomocysteinämie tatsächlich die Schädigungen der Gefäßinnenwand begünstigt und dies durch medikamentöse Senkung positiv beeinflusst werden kann, ist derzeit Arbeitsgrundlage zahlreicher Forschergruppen und kann noch nicht abschließend bewertet werden.
Bakterielle Infektionen mit Clamydia pneumoniae
Tierexperimentell zeigt sich eine Beschleunigung der Arteriosklerose bei erhöhtem Cholesterinspiegel und gleichzeitig vorliegender Infektion mit dem Bakterium Clamydia pneumoniae. Das Fortschreiten der Arteriosklerose konnte bei entsprechender Behandlung mit einem Antibiotikum verhindert werden. Entsprechende Studien beim Menschen sind derzeit noch nicht abgeschlossen. Vor allem ist noch unklar, ob die Infektion eine primäre Ursache oder aber eine sekundäre Zusatzerkrankung der Arteriosklerose darstellt.
Negative - nicht beeinflussbare Risikofaktoren
Alter
Die Häufigkeit der Arteriosklerose nimmt mit steigendem Lebensalter stetig zu.
Geschlecht
Männer sind im mittleren Alter deutlich häufiger betroffen als Frauen. Ab dem 70. Lebensjahr besteht bei Männern und Frauen das gleiche Arterioskleroserisiko.
Genetische Disposition
Familiäre Belastungen, wie Arterioskleroseerkrankung bei Verwandten 1. Grades, familiäre Hyperlipidämie bzw. die angeborene Lipoprotein A Erhöhung (>30 mg/dl) sind nicht beeinflussbare Risikofaktoren. Daher ist es bei Patienten mit familiärer Arteriosklerosebelastung umso wichtiger, die Reduktion eventuell gleichzeitig vorliegender beeinflussbarer Risikofaktoren (Rauchen, Diabetes, Hochdruck, Blutfette) sehr ernst zu nehmen.
Positive - beeinflussbare Risikofaktoren
Ernährung
Durch Ernährungsumstellung kann das Risiko für die Entwicklung bzw. für das Fortschreiten einer Arteriosklerose gesenkt werden.
Die Ernährung soll sich an folgenden Richtlinien orientieren: | |||
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Alkohol
Regelmäßiger und maßvoller Alkoholgenuss hat einen bewiesenen schützenden Effekt vor der Arterioskleroseentwicklung. Unter den bisher durchgeführten Untersuchungen häufen sich die Hinweise, dass im Vergleich zu Antialkoholikern und starken Trinkern ein leichter bis mäßiger Alkoholkonsum das Risiko für Typ II Diabetes mellitus zu reduzieren vermag bzw. eine Begünstigung der Serum Insulin Konzentrationen nach sich zieht.
Der offenbar günstigere Effekt von moderatem Weingenuss im Vergleich zu Bier oder anderen alkoholischen Getränken wird vorrangig auf die weinspezifischen Inhaltsstoffe wie Antioxidantien und Polyphenole zurückgeführt.
Es muss aber ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass der positive Einfluss geringer Alkoholmengen auf die Arterioskleroseentwicklung bei höheren Dosen rasch durch die negative Auswirkungen des Alkohols egalisiert werden und schwere Alkoholschäden möglich sind ("J-Effekt").
Körperliche Aktivität
Empfohlen ist ein körperlich aktiver Lebensstil mit wöchentlich 4-5 x Ausdaueraktivität für 30-45 Minuten bei 40-60 % der maximalen Leistungsfähigkeit in Form von Gehen, Joggen, Rad fahren oder einer anderen Ausdauerbelastung. Mehr Aktivität im täglichen Leben wie spazieren gehen in Arbeitspausen, Treppen steigen statt Aufzug und Gartenarbeit ist günstig. Jedes Mehr an körperlicher Belastung über die Alltagsaktivität hinaus, hat einen günstigen Effekt.
30 Minuten leichte körperliche Belastung an Ziel: aktiver Lebensstil |
Vitamine und Mineralstoffe
In aktuellen Studien wurde weder für Vitamin C, E noch für antioxidative Mineralstoffe wie Kupfer, Zink, Magnesium oder Selen eine positive Auswirkung auf das Arterioskleroserisiko beschrieben. Betacarotin (Vitamin A-Vorstufe) steht im Verdacht, das Arterioskleroserisiko womöglich noch zu erhöhen. Die Gabe von Vitaminen und Mineralstoffen hat in der Arterioskleroseentwicklung keinen schützenden Effekt sondern in einigen Fällen sogar einen schadhaften. Die Studien für den schützenden Effekt von Vitaminen sind nicht abgeschlossen. Überraschenderweise ergaben sich in einzelnen Arbeiten auch negative Auswirkungen auf den Arterioskleroseverlauf durch die Einnahme von Vitaminen. Daher kann auf heutiger Wissensbasis die Einnahme von Vitaminpräparaten noch nicht empfohlen werden.