Venenerkrankung Varizen
Krampfadern - in der Fachsprache Varizen genannt - sind knotig-erweiterte Venen. Die vorhandene Erkrankung beim Vorliegen von Varizen heißt Varikose. Die Behandlung von Varizen kann unterschiedlich erfolgen.
Grundlagen | ||||
Die Therapie der Varizen (Krampfadern) ist durch eine Reihe von neuen Möglichkeiten bereichert worden. Mit dem medizinischen Schlagwort „Minimalinvasivität“ drängen diese Therapieformen auf den Markt. Dem Patienten wird suggeriert, es gäbe nun endlich Methoden, mit denen es möglich ist, ohne Schnitt, ohne Schmerz und möglichst auch ohne Narkose die dauernde Befreiung von Varizen (Krampfadern) zu erreichen. Für den Patienten selbst ist es schwierig, eine vernünftige Einstufung der teilweise regelrecht beworbenen Methoden vorzunehmen. Obwohl Betroffener ist der Patient nicht selten der Letzte, der über den aktuellsten Stand der Technik erfährt. Während er noch über Zeitungswerbung von einer Methode überzeugt wird, ist diese in Fachkreisen schon längst außer Diskussion. Was ist wirklich dran an den neuen Methoden wie Lasersonde, Radiofrequenzsonde, oder CHIVA? Profitiert wirklich der Patient oder primär der behandelnde Arzt durch die Einfachheit und Geschwindigkeit der Durchführung? Ist die heutige klassische Operationsmethode noch vergleichbar mit der Strippingoperation der 70er und 80er Jahre? Als Gefäßchirurg mit 25jähriger Erfahrung stehe ich jeder Neuentwicklung prinzipiell positiv, interessiert - gleichzeitig aber auch kritisch gegenüber. Zu häufig erwiesen sich massiv beworbene Neuerungen als bestenfalls gut für den ausführenden Chirurgen, weil zeitverkürzend und vereinfachend. Der Vorteil für den Patienten war in vielen Fällen für den Fachmann nicht zu erkennen. Auf der Basis von wissenschaftlichen Fakten und pathophysiologischer Tatsachen und einer 25jährigen Operationserfahrung als Gefäßchirurg werde ich daher im folgenden Beitrag über die Varizenchirurgie versuchen, etwas Ordnung und Klarheit in die Diskussion um die Varizentherapie zu bringen. Ich werde Vor- und Nachteile der einzelnen Methoden im Sinn einer persönlichen Wertung darstellen. Um den Umgang mit der ausgiebigen Darstellung einfacher zu gestalten, habe ich die Thematik in Form von häufig gestellten Fragen abgehandelt, was erlaubt, auch Einzelinformationen herauszuholen.
Information statt Werbung soll die Devise sein!
Prim. Dr. Franz Hinterreiter |
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Pathophysiologie der primären Varikose |
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Die Rezirkulationskreise nach HACH
Der wohl bekannteste europäische Phlebologe der letzten Jahrzehnte ist Prof. Hach. Von ihm stammt die heute allgemein anerkannte pathophysiologische Grundlage der medizinisch relevanten primären Varikose: die Rezirkulationskreise.
Bei Einteilung der Rezirkulationskreise sind folgende Fragen zu beantworten:
Das Prinzip der Varizentherapie besteht also in einer vollständigen Ausschaltung dieser Rezirkulationskreise und der Wiederherstellung einer normalen venösen Hämodynamik. Diese Aussage ist auf einem Level A als evidenced based durch eine Vielzahl von Arbeiten abgesichert. (Deutsche Gesellschaften für Phlebologie und Gefäßchirurgie)
Was ist die CROSSE? |
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Wer muss Varizen operiert werden? |
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Im Gegensatz zur arteriellen Gefäßchirurgie, wo das Ausmaß der arteriellen Verschlüsse klar mit dem Ausmaß der Beschwerden korreliert ist, besteht bei der Varikositas kein direkter Zusammenhang zwischen dem Ausmaß und der Größe der Varizen und dem Beschwerdebild. Dies macht es für den Patienten schwierig, den Zeitpunkt der medizinischen Notwendigkeit einer Varizentherapie zu erkennen. Der behandelnde Arzt muss den Patienten daher klar darüber aufklären, ob eine Therapie an den Varizen aus kosmetischen Gründen durchgeführt werden soll (was bei entsprechendem Wunsch des Patienten und Aufklärung durch den Arzt ohne weiteres möglich ist), oder ob eine klare medizinischen Notwendigkeit zur Varizenoperation besteht. |
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Wann besteht eine medizinische Notwendigkeit zur Varizenoperation? |
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Ausgeweitete, variköse Venen verlieren ihre Fähigkeit zum dichten Klappenschluss. Daraus folgt eine Stromumkehr in der betroffenen Vene. Das Blut fließt in der Vene nicht mehr wie erwünscht von unten nach oben sondern wieder zurück in die Peripherie des Beines. Im Endzustand resultiert daraus ein Rezirkulieren des Blutes zwischen oberflächlichen und tiefen Venensystem des Beines. Dies hat die Überladung des Beines mit venösem Blut – eine so genannte venöse Hypertonie - zur Folge. Besteht dieser Zustand lange genug, können zwei verschiedene Folgeschäden entstehen:
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Was ist das Therapieziel in der Varizentherapie? |
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Gleich welche Methode angewendet wird, kann das Therapieziel niemals die andauernde Befreiung von Varizen sein. Die Neigung zur Varizenbildung ist angeboren und bleibt ein Leben lang erhalten. Das Therapieziel der primären Varikose ist einerseits die Vermeidung der sekundären Leitveneninsuffizienz und andererseits die Vermeidung schwerer Hautschäden und womöglich Geschwürbildung bis ins hohe Alter. Andererseits sollte dieses Therapieziel mit dem möglichst besten kosmetischen Ergebnis am Bein erreicht werden. Die Methodenwahl muss dem hohen kosmetischen Anspruch der Varizentherapie gerecht werden. Abhängig von der persönlichen Neigung des Patienten wird dieses Therapieziel unter Umständen mit einfachen Verödungen, mit einer einmaligen Operation oder - bei Patienten mit ausgeprägter Neigung - mit mehrfachen Operationen im Verlauf des Lebens erreicht. Für Patienten mit ausgeprägter Varizenneigung ist eine lebenslange gute phlebologische Führung notwendig. |
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Varizentherapie ist nicht notwendig – die Varizen kommen doch wieder! |
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Mit diesem Satz (meist von gut meinenden Freunden) wurde viel medizinischer Unfug angerichtet. Notwendige Venentherapien wurden bei vielen Patienten über Jahre und Jahrzehnte hinausgeschoben. Die Folge ist, dass bei immer höher werdender Lebenserwartung der Patient letztendlichmit offenem Bein dasteht. Was früher problemlos mit einem einfachen Eingriff zu richten gewesen wäre, ist jetzt nicht mehr therapierbar. Aufgrund des Alters hat sich zusätzlich zur Venenkrankheit eine altersgemäße arterielle Durchblutungsstörung eingestellt. Diese lässt die früher einfache Varizenoperation zu einem Hochrisikoeingriff in Bezug auf Wundheilungsstörung werden. Auch eine Kompressionstherapie ist aufgrund der begleitenden arteriellen Durchblutungsstörung nun nicht mehr möglich. Man kann dem Patienten keine sinnvolle Therapie mehr anbieten. Die gut gemeinten Ratschläge sind zwischenzeitlich verstummt. | ||||
Welche Varizen kann man veröden? |
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Die Verödungstherapie von Varizen ist eine alte Technik. Dabei wird in die erweiterten Venen ein steriles Venen reizendes Mittel eingespritzt. Dieses führt zu einer Venenentzündung und über diese zu einem Verkleben der behandelten Venen. Für so genannte „Besenreiser“ oder Venuloektasien ist die Verödungstherapie nach wie vor die beste und zugleich kostengünstigste Methode. Handelt es sich um kleine Hautvenen, lassen sich durch Verödung bei niedrigem Risiko sehr gute kosmetische Ergebnisse erzielen. Ist das Bein einmal durch mehrere Sitzungen auf einen guten kosmetischen Stand gebracht, reichen im Idealfall wenigen Sitzungen im 1-2jährigen Abstand, um dieses kosmetische Ergebnis auf Dauer zu halten. Wie bei der operativen Venentherapie gilt allerdings, dass die Therapie die angeborene Neigung zur Bildung nicht verändern kann sondern die Beine in Kontrolle bleiben müssen. Das Ausmaß der Neigung bestimmt die Therapiefrequenz. Ausmaß, Verteilung, Form und Größe sind sehr individuelle, das Ergebnis aber wesentlich beeinflussende Kriterien, die das Ergebnis beeinflussen. Eine individuelle Aufklärung vor jeder Verödungstherapie ist daher notwendig. |
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Was kann die Schaumverödung? |
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Bei der Schaumverödung wird das gleiche Verödungsprinzip wie oben beschrieben angewandt. Der Unterschied besteht lediglich im Verödungsmittel, das aus gleicher Substanz geschäumt wird. Dies soll Vorteile bei der Verödung größerlumiger Venen bringen. Für die Besenreiservarizen ist dies nicht geeignet bzw. nicht notwendig. Für einzelne kleine Rezidivseitenäste nach Operation ist diese Methode gut geeignet. (Bezüglich der Seitenast- und Stammvenenverödung siehe „Welche Varizen kann man veröden?“). Auch hier gilt: Die Verödungstherapie der Stammvene hat keinen Stellenwert mehr in den aktuellen Leitlinien! | ||||
Welche Methoden der Varizenoperation gibt es? |
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Mehr zu den Methoden der Varizenoperation | ||||
Ist die Varizenoperation schmerzhaft? |
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Auch bei ausgedehntem Befund sind in der modernen gefäßchirurgischen Varizenoperationstechnik heute maximal 2-3 Wunden in einer Größe notwendig, die genäht werden müssen. Alle restlichen Zugänge sind so klein, dass sie mittels Klebung verschlossen werden können. Dies erklärt die geringe Schmerzhaftigkeit der Operation nach dieser Methode. Meine Erfahrung ist, dass alle Patienten, die sich vorher einer Lasersondenoperation unterzogen hatten, diese als wesentlich schmerzhafter empfanden. Dies ist ein wesentlicher Aufklärungspunkt, da viele Patienten in der falschen Hoffnung zur Sondenmethode flüchten, weil sie den kleineren (= schmerzfreieren) Eingriff erwarten. | ||||
Ist man nach der Varizenoperation bettlägerig? |
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Moderne Varizenoperation wird ohne Bettlägerigkeit durchgeführt. Der Patient steht drei Stunden nach der Operation auf und ist normal beweglich. Das Bein ist anfangs bandagiert und nach ein bis zwei Tagen bestrumpft. Die Bestrumpfung mit einem Kompressionsstrumpf der Klasse II ist in Abhängigkeit vom Ausgangsbefund für 3 bis 6 Wochen tagsüber zu tragen. Sportliche Aktivitäten sind ab der 3. Woche nach Operation wieder möglich. |