Schwangerschaft und Strahlenschutz von Ungeborenen
Schwangerschaft und Strahlenschutz von Ungeborenen
Die Bestrahlung eines Fetus sollte, wenn immer möglich, vermieden werden. Das inkludiert auch Situationen, in denen die Schwangerschaft von der Frau selbst nicht vermutet wird. Die primäre Verantwortung, solche Patienten zu identifizieren, liegt auch beim überweisenden Kliniker. Frauen im reproduktiven Alter, die zu einer Röntgen- oder nuklearmedizinischen Untersuchung erscheinen, müssen befragt werden, ob sie schwanger sind oder möglicherweise schwanger sein könnten.
Wenn die Patientin eine Schwangerschaft nicht ausschließen kann, weil die Menstruation überfällig ist, sollte die Untersuchung möglichst bis nach Einsetzen der nächsten Periode verschoben werden.
Allerdings ist es durchaus möglich, dass die geplante Untersuchung für die Mutter oder eventuell auch für das ungeborene Kind wichtig ist, so dass auch eine Verzögerung ungünstig sein könnte. Die Indikation ist jedenfalls unter besonders exakter Abwägung des Risikos für Mutter und Kind zu stellen.
Wenn eine Schwangerschaft nicht ausgeschlossen werden kann, ohne dass die Menstruation überfällig ist und die geplante Untersuchung den Uterus nur gering belastet, kann sie durchgeführt werden.
Bei Untersuchungen mit hoher Belastung des Uterus (Abdominelle CT, IVU, Barium-Durchleuchtungsuntersuchungen, Angiographien) bestehen 2 Möglichkeiten:
In den ersten 10 Tagen des Zyklus wird man die Untersuchungen durchführen, danach wird man - so es die Situation zulässt - die Untersuchung bis in die ersten 10 Tage des nächsten Zyklus verschieben.
In allen Fällen, in denen Kliniker und Radiologe übereinstimmen, dass eine Strahlenexposition der Schwangeren oder möglicherweise schwangeren Frau klinisch gerechtfertigt ist, sollte diese Entscheidung dokumentiert werden.
Der Radiologe hat sicherzustellen, dass die Exposition mit der geringstmöglichen Strahlendosis erfolgt, die es zulässt, die benötigte Information zu erlangen. Sollte es dennoch zu einer unbeabsichtigten Strahlenbelastung eines Feten kommen, rechtfertigt das minimale Risiko auch höherer Dosen gewöhnlich das noch höhere Risiko invasiver diagnostischer Prozeduren (wie Amniocentesen) am Fetus nicht.
Der Radiologe sollte allerdings auf Basis der Expositionsdaten eine individuelle Analyse erstellen und mit der Mutter besprechen. Bei dieser Risikoabschätzung können Experten des Verbands für medizinischen Strahlenschutz Österreichs helfen.
Auch bei der Anwendung der Magnetresonanztomographie und bei Kontrastmittelapplikationen aller Art ist während der Schwangerschaft erhöhte Vorsicht geboten. Obwohl derzeit eindeutige Schäden durch MR-Untersuchungen nicht nachgewiesen sind, erscheint es zweckmäßig, die Indikation zu MRT-Untersuchungen im ersten Trimenon der Schwangerschaft ganz besonders eng zu stellen.
Kontrastmittelapplikationen aller Art sollten während der gesamten Schwangerschaft nach Möglichkeit unterbleiben.
Verminderung der Strahlendosis
Die diagnostische Anwendung ionisierender Strahlung ist akzeptierter Bestandteil der medizinischen Praxis und durch die klaren Vorteile für die Patienten gegenüber dem geringen Strahlenrisiko gerechtfertigt. Allerdings sind auch kleine Strahlendosen nicht gänzlich ohne Risiko.
Ein Teil der genetischen Mutationen und malignen Erkrankungen in der Bevölkerung wird mit der natürlichen Hintergrundstrahlung in Zusammenhang gebracht. Diagnostische Strahlenanwendung als wesentlichste unnatürliche Strahlenquelle erhöht die Bevölkerungsdosis nur um etwa ein Sechstel.
Die Strahlenschutzgesetze schreiben eine Vermeidung aller unnötigen Strahlenexpositionen vor und alle verantwortungsvollen Organisationen und Individuen beachten diese Gesetze. Der wesentlichste Weg, die Bevölkerungsdosis niedrig zu halten, ist die Vermeidung unnötiger Röntgenaufnahmen (ganz besonders unnötiger Wiederholungsuntersuchungen!).
Aufnahmen der Lunge und Extremitäten verursachen sehr geringe Expositionen, Aufnahmen des Abdomens etwas höhere. Durchleuchtungsuntersuchungen und nuklearmedizinische Untersuchungen erzeugen mittlere Expositionen. Höhere Dosen sind für CT und PET-Untersuchungen notwendig.
Etwa die Hälfte der medizinischen Strahlenexposition entfällt derzeit auf CT-Untersuchungen. Besondere Vorsicht ist auch bei häufigen Computertomographien der Orbita angebracht, da das Auge ein besonders strahlenempfindliches Organ ist.
Das minimale statistische Risiko wird aber vom medizinischen Nutzen für die Patienten (vor allem bei CT-Untersuchungen) bei weitem aufgewogen. Eine Zusammenstellung typischer Strahlenexpositionen verschiedener Untersuchungen ist ständig aktualisiert in der ÖRG-Literaturdatenbank unter "Strahlenschutz" zu finden. (ÖRG)