Krebs trifft Körper und Seele - Psychoonkologie als Stütze in der Krise
Besonders in der Anfangsphase herrscht eine große Orientierungslosigkeit: „Patient*innen fragen sich, was die Krebsdiagnose für sie, ihre Familie und ihr soziales bzw. berufliches Leben bedeutet“, so Dr. Hutterer. Gerade hier setzt die Psychoonkologie an und bietet Unterstützung auf verschiedenen Ebenen.
Was ist Psychoonkologie?
Psychoonkologie ist ein interdisziplinäres Fachgebiet, das sich mit den psychischen, emotionalen und sozialen Aspekten von Krebserkrankungen beschäftigt. Es zielt darauf ab, die psychische Belastung von Krebspatient*innen und deren Angehörigen empathisch zu erfragen, zu verstehen und zu lindern. Die Psychoonkologie verbindet dabei die Erkenntnisse der Psychologie und der Onkologie, um eine ganzheitliche Betrachtung zu ermöglichen.
Die psychoonkologische Betreuung findet in der Regel parallel zur medizinischen Behandlung statt, um eine umfassende Versorgung der Patient*innen zu gewährleisten. Dabei arbeiten Psychoonkolog*innen eng mit Onkolog*innen, Pfleger*innen und anderen Fachkräften zusammen, um ein individuell abgestimmtes Versorgungskonzept für betroffene Patient*innen zu entwickeln.
Ein zentrales Ziel der Psychoonkologie ist es, den Patient*innen zu helfen, mit ihren bio-psycho-sozialen Belastungen der Erkrankung besser umzugehen und ihre eigenen Resilienzfaktoren zu stärken. Dazu zählen die Erkrankung bzw. Veränderungen im Leben annehmen zu lernen, eigene Ressourcen und Fähigkeiten zu nutzen (Selbstwirksamkeit), erreichbare Ziele umzusetzen und optimistisch sinnstiftende Zukunftsperspektiven zu entwickeln. So kann die individuelle Lebensqualität nachhaltig verbessert werden.
In der Praxis umfasst die psychoonkologische Betreuung eine Vielzahl von Methoden und Techniken, darunter entlastende Gesprächstherapien, Stressbewältigungsübungen, Achtsamkeitstraining und Entspannungstechniken. Dabei wird nicht nur auf die emotionale Belastung eingegangen, sondern auch auf die körperlichen Auswirkungen der Krankheit und deren Behandlung, die das psychische Wohlbefinden weiter beeinträchtigen können.
„Ein zentraler Baustein ist, die Patient*innen individuell und empathisch wahrzunehmen – ihre Ressourcen, früheren Krisenerfahrungen und ihre Resilienzfaktoren zu erkennen“, erklärt Dr. Markus Hutterer. „Manche Betroffene können durch frühere Erlebnisse und Erfahrungen besser mit Schicksalsschlägen umgehen, andere müssen den Umgang mit der Ausnahmesituation erst erlernen.“
Auch die Familie wird einbezogen
Eine Krebserkrankung betrifft in der Regel das gesamte soziale Umfeld. Dr. Hutterer betont die Bedeutung, Angehörige frühzeitig in Gespräche einzubeziehen: „Angehörige sind eine extrem wichtige Stütze, aber auch sie können sich überfordert fühlen. Gemeinsame Gespräche helfen dabei, Belastungen aufzufangen und den Weg der gemeinsamen Bewältigung zu ebnen.“
Am morgigen Weltkrebstag ruft Dr. Hutterer dazu auf, noch mehr auf die psychischen Aspekte von Krebserkrankungen zu achten: „Ein gesundes Umfeld, professionelle Unterstützung und offene Gespräche tragen wesentlich dazu bei, dass Betroffene auch in schwierigen Zeiten Zuversicht und Lebensqualität bewahren.“
Bild: © Barmherzige Brüder, Abdruck honorarfrei Priv.-Doz. OA Dr. Markus Hutterer, Neuroonkologe bei den Barmherzigen Brüdern Linz.