Sehfrühförderung auch in Zeiten von Corona
Corona hat unser aller Leben verändert. In besonderem Maße hat es jedoch Einfluss auf den Alltag jener Menschen, die mit Beeinträchtigungen leben oder bei denen ein Angehöriger davon betroffen ist, wie etwa auf Familien mit blinden oder stark sehbeeinträchtigen Kindern. Es geht seit März nicht nur darum, selbst mit der Situation umgehen zu lernen, sondern auch um die Sicherstellung der notwendigen Förderbetreuung. Denn: An Normalbetrieb ist aufgrund der Situation nicht zu denken. Gefragt waren und sind rasche Umstrukturierungen und alternative Herangehensweisen.
Während 1. Lockdown keine Besuche möglich
Dies sechs Sehfrühförderinnen der Barmherzigen Brüder Linz besuchen normalerweise Familien mit blinden oder sehbeeinträchtigen Kinder vor Ort in ganz Oberösterreich und im westlichen Niederösterreich. Im Jahr 2019 absolvierte das Sehfrühförderteam dabei rund 1.690 Familienbesuche. Derzeit betreut das Sehfrühförderteam etwa 155 sehbehinderte und blinde Kinder. Für diese Kinder und deren Eltern ist die aktuelle Situation eine besondere Herausforderung. Während des ersten Lockdowns waren Besuche nicht möglich und es mussten alternative Unterstützungsangebote geschaffen werden. „Natürlich spielt in so einer Situation die Angst mit, dass dem eigenen Kind daraus Nachteile für sein weiteres Leben entstehen könnten. Die Eltern waren aber verständnisvoll und auch sehr kooperativ. Dafür sind wir Sehfrühförderinnen sehr dankbar, stellte das plötzliche Wegfallen der gewohnten Betreuung für die Eltern eine zusätzliche organisatorische und psychische Herausforderung dar“, erzählt Sandra Schneider, Leiterin der Sehfrühförderung.
Eltern werden bei Fördermaßnahmenbestmöglich untersützt
Da Sehfrühförderung mit Kindern eine intensive Nähe braucht und Corona Hausbesuche von Anfang April bis Anfang Juni für die Sehfrühförderinnen unmöglich gemacht hat, wurde rasch und intensiv daran gearbeitet, die Eltern bei den Fördermaßnahmen bestmöglich zu unterstützen. Beratungsgespräche wurden via Skype und Telefon durchgeführt. Die Eltern bekamen dabei Anleitungen, wie sie die Behandlung in der Zeit des Lockdowns selbst bestmöglich fortführen können, aber auch seelische Unterstützung, Aufmunterung und Zuspruch. „Die Sehfrühförderinnen bringen in einer dunklen Zeit Licht und Wärme ins Haus. Sie helfen uns mit den vielen Anregungen und Ideen, die Zeit zusammen mit unserem Kind sehr sinn- und wertvoll zu gestalten“, so Isabella G.
Einfache Übungen mit Dingen aus dem Hauhalt
Die sechs hochspezialisierten Sehfrühförderinnen stellten Übungen zusammen, die von den Eltern, ohne die sonst zum Einsatz kommenden blindenspezifischen Hilfsmitteln oder speziellen Lampen, durchgeführt werden konnten. Im Fokus standen Aufgaben zur visuellen Stimulation mit alltäglichen Dingen des Haushalts, die das Kind in seiner Entwicklung bestmöglich unterstützen. „Bei der visuellen Stimulation handelt es sich nicht um ein isoliertes Funktionstraining, sondern um eine Sinnesschulung, die sich an die Gesamtpersönlichkeit des Kindes richtet, mit dem Ziel sehen zu wollen. Diese Übungen helfen, die visuomotorische Koordination – also die Fähigkeit, Bewegungen von Körperteilen, meistens den Händen, mit dem Sehen zu koordinieren, zu stimulieren“, erklärt Sehfrühförderin Mag. Anna Onufrejow,
Über den Sommer waren wieder Besuche der Sehfrühförderinnen bei den Familien vor Ort möglich, auch wenn die Arbeitsweise mit den Kindern der Situation angepasst werden musste und auch hier die Eltern verstärkt in die Therapie mit einbezogen wurden – vor allem was die unmittelbare Körperarbeit betraf. „Es war schön zu sehen, wie sehr sich die Kinder freuten, dass wir wieder kommen konnten – auch wenn es für die Kinder durch unseren Mund-Nasen-Schutz ungewohnt und etwas schwieriger war, da dem Hören bei blinden Kindern ja eine viel größere Bedeutung zukommt“, so Sandra Schneider.
Bis dato ist die Betreuung der Kinder in den Familien noch möglich. Die Sehfrühförderinnen werden selbstverständlich jede Woche vom Krankenhaus getestet, um die Kinder und ihre Familien vor Ansteckung mit Corona zu schützen. Sollte sich die Situation aber weiter verschärfen, ist man mit den Erfahrungen der letzten Monate und der adaptierten Sehfrühförderung gut vorbereitet, um die Kinder und ihre Familie bestmöglich zu begleiten.
Wichtig ist Sandra Schneider auch der Appell an Eltern, die neu mit der Situation konfrontiert wurden, Kontakt mit der Sehfrühförderung zu suchen. „Wir werden auch in dieser Ausnahmesituation alles tun, um jedes bei Kind seiner Entwicklung zu unterstützen.“