Was der Puls über den Gesundheitszustand verrät
Die Blutdruck-Selbstmessung ist eine der wichtigsten Untersuchungsmethoden, die jeder selber ohne großen Aufwand betreiben kann. Die Normalwerte für den Blutdruck sind weitreichend bekannt. Die meisten digitalen Blutdruckmesser geben als 3. Wert den Puls an, welcher oft unbeachtet bleibt – doch was sagt der Ruhepuls über unseren Gesundheitszustand aus?
Den Puls im Blick:
Eine gelegentliche Erhöhung des Pulses, die nicht mit körperlichen Beschwerden einhergeht, lässt in der Regel keinen Raum für Beunruhigung.
Stellen Sie sich vor, Ihr Herz ist eine beeindruckende Pumpe. Jeder seiner Schläge, unser Puls, spiegelt die erforderliche Blutmenge wider, die es durch unsere Adern schickt, um die Sauerstoffversorgung sämtlicher Organe zu gewährleisten. Die Normwerte für den Ruhepuls sollten zwischen 60 und 100/min liegen. Doch was ist besser – ein Puls am unteren Ende des Spektrums oder an der oberen Grenze?
Bei einem niedrigen Ruhepuls schafft es das Herz mit einer geringen Anzahl von Schlägen die erforderliche Blutmenge zu den Geweben zu transportieren, das sogenannte Schlagvolumen ist höher. Bei einem hohen Puls muss sich das Herz nun mehr anstrengen um den Körper adäquat zu versorgen. Der Puls ist von einer Reihe von Faktoren abhängig. Zu allererst natürlich von der Aktivität, dem Trainingszustand, der psychischen Verfassung, der Außentemperatur, dem Gesundheitszustand. Weiters spielen hormonelle Faktoren eine maßgebliche Rolle, wie die Schilddrüsenhormone und auch Geschlechtshormone. Daher treten mitunter auch in den Wechseljahren vermehrt Herzrhythmusstörungen auf.
Bei jungen - herzgesunden- PatientInnen die unsere Spitalsambulanz aufsuchen erweist sich oft der hohe Konsum koffeinhaltiger Getränke sowie Energydrinks und Nikotin als Ursache. Bei Fieber beispielsweise ist der Ruhepuls erhöht als Zeichen für den erhöhten Grundumsatz. Auch bei Flüssigkeitsverlusten wie bei Hitze oder vermehrtem Schwitzen kann der Puls erhöht sein. Natürlich auch in Stress- oder Prüfungssituationen. Hier ist es eine erforderliche Reaktion des Sympathikus um uns zu Höchstleitungen zu bringen.
Die tickende Zeitbombe: Dauerstress
Wie ein unsichtbarer Feind, der im Hintergrund lauert, wirkt anhaltender, dauerhafter Stress unaufhörlich auf unser Herz Kreislaufsystem. Dies führt zu einer ständigen Aktivierung des sympathischen Nervensystems, was die Wandspannung unserer Blutgefäße erhöht und somit den Blutdruck und den Puls in die Höhe treibt und einen nicht zu unterschätzenden Belastungsfaktor für unser Herz-Kreislaufsystem darstellt. Bis zu einem gewissen Grad kompensiert der Körper die Belastungen, aber es kommt der Moment wo die Belastungsgrenze überschritten ist. Wenn dieser Punkt erreicht ist, können die Folgen ernst sein. Von Herzrhythmusstörungen bis hin zu Blutdruckkrisen und Herzschwäche, die das lebenserhaltende Pumpen des Herzens beeinträchtigen. Im schlimmsten Fall könnte es sogar zu einem Herzinfarkt kommen.
Gesundheitsüberwachung leicht gemacht
Die Ermittlung des Pulses kann auf einfache und effiziente Weise durchgeführt werden, indem Zeige- und Mittelfinger leicht am Handgelenk in Verlängerung des Daumens angelegt werden. Ein 30-sekündiges Zählen der Pulsschläge gefolgt von einer Verdoppelung des Ergebnisses liefert eine präzise Messung der Herzschläge pro Minute. Es gibt auch Alternativen zur Messung des Pulses, wie die Messung an der Halsschlagader. Darüber hinaus kann auch ein Blutdruckmessgerät verwendet werden. Unabhängig von der gewählten Methode stellt die Pulsmessung eine wichtige Möglichkeit dar, die Gesundheit im Auge zu behalten und Veränderungen frühzeitig zu erkennen. Es handelt sich um ein wertvolles Werkzeug für jedermann, unabhängig von Alter oder Gesundheitszustand.
Herzratenvariabilität
Während die Herzfrequenz beschreibt, wie stark der Kreislauf belastet ist, zeigt die Herzratenvariabilität an, wie das Herz- Kreislauf-System mit dieser Belastung zurechtkommt. Sie spiegelt die Anpassungsfähigkeit des Körpers an exogene und endogene Einflüsse wider. Im entspannten und erholten Zustand schlägt das Herz variabler als im gestressten Zustand. Eine ausgeprägte Variabilität zeigt sich bei gutem Trainings- und Gesundheitszustand sowie bei Wohlbefinden.
Das Herz stärken
Ausdauersport kann einen signifikanten Einfluss auf den Ruhepuls haben. Durch regelmäßiges Training nimmt die Aktivität des parasympathischen Nervensystems zu. Nicht umsonst haben Ausdauersportler generell einen niedrigen Ruhepuls. 45 Schläge pro Minute sind keine Seltenheit und haben bei entsprechendem Wohlbefinden keinen Krankheitswert.
Jüngste Richtlinien der Weltgesundheitsorganisation raten zu 150 bis 300 Minuten aerobem Ausdauersport pro Woche, wie moderates Laufen, Fahrradfahren, Nordic Walking. Doch es sind nicht nur die Sportbegeisterten, die davon profitieren können. Alltagsbewegungen wie das Steigen von Treppen statt die Nutzung des Aufzugs, Radfahren zur Arbeit oder kurze Fußwege statt der Autofahrt können ebenfalls dazu beitragen, das Herz zu stärken. „Betrachtet man es aus der Perspektive des Herzens, ist der Unterschied beeindruckend. Ein Ruhepuls von 50 Schlägen pro Minute im Vergleich zu 80 bedeutet, dass das Herz im Laufe der Zeit ein ganzes Jahr weniger Arbeit leisten muss", fügt Dr. Sobe-Schmid hinzu.
Stolpernde Herzrhythmen: Ein Fall für die ärztliche Abklärung
Eine gelegentliche Erhöhung des Pulses, die nicht mit körperlichen Beschwerden einhergeht, lässt in der Regel keinen Raum für Beunruhigung. Sie kann lediglich erhöhte Aktivität oder emotionaler Erregung angesehen werden. Anders sieht es aus, wenn der Puls dauerhaft auf einer hohen Frequenz von 80 bis 90 Schlägen pro Minute verweilt. Verbinden sich diese Werte mit Beschwerden wie Kurzatmigkeit, Wassereinlagerungen in den Beinen oder einem stechenden Schmerz in der Brust, dann ist Vorsicht geboten. Besonders wenn der Puls unregelmäßig wird und seinen konstanten Rhythmus verliert, muss eine gründliche Untersuchung stattfinden. „Vorhofflimmern, eine häufige Herzrhythmusstörung, sollte in solchen Fällen ausgeschlossen werden“, warnt die Internistin vom Ordenskrankenhaus.
Welche Untersuchungsmethoden stehen uns dafür zu Verfügung?
Angefangen beim Ruhe EKG über die 24 Stunden EKG Messung bis hin zum seit kurzem bei uns verwendeten Loop Rekorder stehen uns einige verlässliche Untersuchungsmethoden zu Verfügung. Beim Loop Recorder handelt es sich um eine zündholzgroße Elektrode, welche direkt unter die Haut am Brustkorb implantiert wird. Der Eingriff verläuft unter lokaler Betäubung schmerzfrei und unkompliziert für den Patienten. Bei Notwendigkeit kann sie 4,5 Jahre im Körper bleiben und kann - je nach Indikation - Herzrhythmusstörungen aufzeichen, die bei uns ausgelesen werden können.
Dieses Tool bietet die Möglichkeit Rhythmusstörungen, welche mit konventionellen Methoden nicht festgestellt werden können, zu detektieren und dem Patienten somit die optimale Versorgung zu gewährleisten.
OÄ Dr. Dagmar Sobe-Schmid
Expertentipp