Wenn Schlucken Mühe macht – Schluckbeschwerden im Alter
Ein Glas Wasser trinken, ein Stück Kuchen genießen: Dinge, die für viele selbstverständlich sind. Doch nicht für jeden ist dies ohne Schwierigkeiten möglich. Im Alter können Schluckbeschwerden zu einem Problem werden, das nicht nur die körperliche Gesundheit, sondern auch die Lebensqualität massiv beeinträchtigt. OÄ Dr. Karin Steidl von der Abteilung für Innere Medizin am Krankenhaus der Barmherzigen Brüder in St. Veit an der Glan betont die Bedeutung der Früherkennung und klärt über Ursachen, Symptome und Therapiemöglichkeiten auf.
Das Schhlucksystem 'altert', genauso wie andere Körpervorgänge“, beginnt Dr. Steidl und betont, dass es nicht ungewöhnlich ist, dass im Alter der Geschmacks- und Geruchssinn nachlassen. „Aber“, fügt sie hinzu, „Schluckstörungen können zu erheblichen körperlichen Symptomen führen, bis hin zu Mangelernährung und Dehydration. Daher ist es unabdingbar, diese frühzeitig zu erkennen und entsprechende Anpassungen vorzunehmen.“
Von körperlichen Symptomen bis zu Einschränkungen im Alltag
Die Anzeichen einer Schluckstörung können unterschiedlichster Natur sein: Sie reichen von einem Gefühl, als hätte man einen Kloß im Hals, über kontinuierliches Räuspern, Schmerzen beim Schlucken und ungewolltem Speichelfluss bis zur Furcht vor dem Essen. Oft sind diese Symptome nicht nur körperlich belastend, sondern beeinträchtigen auch die Lebensqualität der Betroffenen, da alltägliche Aktivitäten wie das gemeinsame Essen mit Familie oder FreundInnen zur Herausforderung werden können.
Vielschichtige Ursachen und ihre Risiken
Doch was sind die Ursachen? „Neurologische Erkrankungen, wie beispielsweise Schlaganfälle, Demenz oder Morbus Parkinson, sind häufige Verursacher“, erklärt Dr. Steidl. Aber auch Entzündungen, Tumore oder Erkrankungen der Speiseröhre können Schluckbeschwerden auslösen.
Vor allem der Schlaganfall ist im Alter eine der Hauptursachen für Schluckstörungen. „Das beeinträchtigte Nervensystem stört die Koordination von Zunge, Kehlkopf, Gaumen und Speiseröhren-Schließmuskel. Das kann zum Verschlucken und in weiterer Folge zu schweren Lungenentzündungen führen“, warnt die Oberärztin.
Parkinson und Demenz
Menschen, die an Erkrankungen wie Demenz oder Parkinson leiden, kämpfen häufig zusätzlich mit Schwierigkeiten beim Schlucken. Diese Komplikationen können die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen und stellen ein zusätzliches Problem in ihrem bereits herausfordernden Krankheitsverlauf dar. Dr. Steidl unterstreicht die Tragweite dieses Problems, indem sie feststellt: „Die Statistik zeigt, dass etwa jeder zweite Parkinson-PatientIn Schluckbeschwerden aufweist. Der Hauptgrund dafür ist die abnehmende Muskelbeweglichkeit, die typisch für diese Krankheit ist. Infolgedessen steigt das Risiko, sich während des Essens zu verschlucken, was zu gefährlichen Husten- und sogar Erstickungsanfällen führen kann.“
Vom ersten Symptom bis zur Diagnose
Aber wie genau erkennt man eine Schluckstörung und wie wird die genaue Ursache ermittelt? Dr. Steidl erklärt den Prozess: „Der Beginn der Diagnostik ist immer ein gründliches und detailliertes Gespräch mit dem Patienten, um erste Hinweise zu sammeln und ein vollständiges Bild der Symptome zu erhalten.“ Nach diesem ersten, entscheidenden Schritt geht es in die weiterführende Diagnostik. „Basierend auf den gesammelten Informationen entscheiden wir uns für spezifische Untersuchungen, die uns helfen, die genaue Ursache der Schluckstörung zu identifizieren“, fügt sie hinzu. Die Bandbreite dieser Untersuchungen ist weitreichend und kann je nach Verdachtsmoment unterschiedlich sein: von einem Schluckakt-Röntgen, welches den Schluckvorgang in Echtzeit abbildet, über Computertomographien bis hin zu einer Gastroskopie, bei der der Magen und die Speiseröhre mithilfe einer Kamera inspiziert werden.
Vielfältige therapeutische Ansätze
In erster Linie spielen LogopädInnen eine zentrale Rolle in der Behandlung und Rehabilitation dieser Patienten. „Diese Fachkräfte sind speziell geschult, um individuelle Schlucktherapieprogramme zu entwickeln und anzupassen", sagt Dr. Steidl. Durch gezielte Übungen und Techniken können sie dazu beitragen, die Muskulatur und Koordination im Schluckprozess zu stärken. Zusätzlich setzen Logopäden spezielle Hilfsmittel ein, die den PatientInnen helfen, das Schlucken sicherer und effizienter zu gestalten.
Das Hauptziel solcher Therapieansätze ist es, den Schluckprozess so weit wie möglich zu optimieren. Damit wird nicht nur das Risiko von Komplikationen wie Verschlucken reduziert, sondern auch das allgemeine Wohlbefinden und die Lebensqualität der Betroffenen signifikant gesteigert.
In schweren Fällen, wenn die orale Nahrungsaufnahme zu riskant oder nahezu unmöglich ist, müssen andere Wege in Betracht gezogen werden. Hier können invasive Verfahren zum Einsatz kommen. „In solchen Situationen kann die Nahrungsversorgung über eine spezielle Sonde erfolgen, die entweder durch die Nase oder direkt durch die Bauchdecke in den Magen führt“, erläutert die Oberärztin. Solche Eingriffe sind in der Regel sicher und können eine entscheidende Rolle spielen, um die Ernährung und Hydration des Patienten sicherzustellen.
Oberärztin und Internistin Dr. Karin Steidl