19. Mai: Welt CED-Tag: Die neuen Therapien
Man weiß mittlerweile: diese CED, wie sie kurz genannt werden, können jeden treffen. Neue Therapiemöglichkeiten und Cortison freie Medikamente bieten den PatientInnen, die auf der Suche nach wirksamen Therapien sind, neue Hoffnung. Doch welche Ursachen bei dieser bisher nicht heilbaren Erkrankung sind bisher bekannt und welche Rolle spielen komplementärmedizinische Zusatztherapien?
Schmerzen, Blähungen, Stuhldrang...
Ein normales Leben – das ist das große Ziel von Menschen mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (CED). Wer an einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung (CED) wie Colitis ulcerosa und Morbus Crohn erkrankt, leidet täglich. In Österreich sind rund 60.000 bis 80.000 Menschen – vom Kleinkind bis zum älteren Menschen betroffen. Der Alltag ist geprägt von starken Bauchkrämpfen, blutigen Durchfällen und zig Toilettengängen (bis zu 20-30 Mal Stuhlgang pro Tag).
Abteilungsvorstand Innere Medizin Prim. Dr. Hans Peter Gröchenig
An der Abteilung für Innere Medizin am Krankenhaus der Barmherzigen Brüder St. Veit, wird seit vielen Jahren eine große Anzahl von PatientInnen mit entzündlichen Darmerkrankungen betreut, und das sowohl ambulante wie auch stationäre multiprofessionelle Behandlungsangebot stellt einen überregionalen Schwerpunkt der Abteilung dar.
„Leider sind diese Erkrankungen noch immer sehr tabuisiert, sodass Betroffene oftmals erst in einer fortgeschrittenen Krankheitsphase ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen“, schildert Abteilungsvorstand Primarius Dr. Hans Peter Gröchenig.
Laut einer aktuellen Studie leiden mehr als 70 % der CED-Betroffenen erheblich unter der Beeinträchtigung ihrer Lebensqualität (IBD Podcast Studie). Betroffene benötigen daher wirksame Therapien und oftmals mehrere Therapiemöglichkeiten – damit sie über den gesamten Zeitraum ihres Lebens gut versorgt sind.
Cortisonfreie CED-Therapie für die einfache Anwendung zu Hause.
Hier kommen Pens (oben) und sogenannte „On-Body-Injektionen zum Einsatz“ (Bild unten)
Den Ursachen auf der Spur
Eine vollständige Heilung von Morbus Crohn und Colitis ulcerosa ist laut Experten bisher nicht möglich. Die Therapie dieser chronisch entzündlichen Darmerkrankungen zielt einerseits darauf ab, akute Entzündungsschübe schnell zu lindern und damit schwere Schäden am Darm zu verhindern.
Bisher ist nicht genau geklärt, welche Auslöser für die chronisch- entzündlichen Darmerkrankungen verantwortlich sind. Die Experten sind sich jedoch einig, dass es mehrere mögliche Ursachen für diese Darmentzündungen geben muss. "Die natürliche Barrierefunktion der Darmwand ist bei Morbus Crohn und Colitis ulcerosa gestört. Durch die geschwächte Abwehr bei einer Darmentzündung dringen Bakterien in die Darmwand ein. Dies führt zu einer chronischen Entzündungsreaktion des Körpers", erklärt Prim. Dr. Gröchenig.
CED: Antibiotika im Kindesalter unter Verdacht
Wer häufig Antibiotika einnimmt, strapaziert seine Darmflora. Prim. Dr. Gröchenig, Additivfacharzt für Gastroenterologie und Hepatologie, Internistische Intensivmedizin sowie
Hämatoonkologie, warnt vor allem vor der häufigen Einnahme von Antibiotika im Kindes- bzw. Kleinkindalter. Antibiotika können langfristig vor allem das Mikrobiom des Darms beeinflussen
und damit verbunden das Risiko für Darmerkrankungen erhöhen. "Wenn ein Kind wiederholt Antibiotika in den ersten Lebensjahren bekommt, hat das Mikrobiom möglicherweise nicht ausreichend Zeit, sich vollständig zu erholen. Die Einnahme von Antibiotika bei Kindern ist nicht immer notwendig und sollte vom Arzt sorgfältig abgewogen werden. Studien belegen, dass selbst eine vorübergehende Beeinträchtigung der Darmbakterien-Gemeinschaft im frühen Lebensalter sich langfristig auf den Stoffwechsel und das Immunsystem auswirken kann. Dadurch erhöht sich auch das Risiko, an einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung zu erkranken, deutlich.
Hoffnung durch neue Medikamente
Wer in der Jugend oder im Erwachsenenalter unter CED leidet, weiß, dass eine Therapie in vielen Fällen nicht ausreichend ist. Aus diesem Grund sind die neuen, modernen Therapien wie JAK-Hemmer (Januskinase-Inhibitoren) oder Biologika/Interleukine von großer Bedeutung. Diese geben CED-Betroffenen nicht nur Hoffnung auf eine rasche Symptombekämpfung, sondern auch auf eine nachhaltige, "normale" Lebensqualität durch
eine Abheilung der Darmschleimhaut. "Mittlerweile steht uns glücklicherweise eine breite Auswahl von sicheren und gut verträglichen Medikamenten zur Verfügung, die über
spezifische Angriffspunkte (Antikörper, kleine Moleküle) zielgenau die überschießenden Entzündungsreaktionen im Verdauungstrakt unterbinden können", so Prim. Dr. Gröchenig. Das Therapieansprechen zeichnet sich durch ein sehr schnelles klinisches Ansprechen aus.
Die Einnahme kann bei einigen neuartigen Therapieoptionen im Gegensatz zu den bisher häufig angewandten Antikörperpräparaten nicht als Infusion oder Spritzengabe, sondern auch in Tablettenform erfolgen.
Ebenso vielversprechend sind die S1P-Rezeptor-Modulatoren. Sie gehören zu den neueren Immuntherapien. Diese Modulatoren können die Entzündungsreaktionen im Körper regulieren
und so die Krankheitsaktivität bei CED reduzieren, während sie gleichzeitig mögliche Nebenwirkungen minimieren.
Cortisonfreie Therapie
Moderne Therapien zeigen eine gute Wirkung auch ohne Cortison, was ein wichtiger Fortschritt ist, da Cortison mit langfristigen Nebenwirkungen verbunden sein kann. Sie werden in Tablettenform oder intravenös bzw. in Form einer zu Hause anwendbaren Applikation, die Infusion und Pen vereint, verabreicht.
Wirkung von komplementären Heilmethoden bei CED
Noch immer ist die medikamentöse Therapie eine zentrale Säule der CED-Behandlung. Jedoch setzt man seit einigen Jahren im Krankenhaus St. Veit bei der Behandlung von chronisch entzündlichen Darmerkrankungen vermehrt auch auf eine Vielzahl komplementärmedizinscher Zusatztherapien. Seit diesem Jahr bietet die CED-Ambulanz in Kooperation mit der FNL-Akademie – Freunde naturgemäßer Lebensweise eine informative Veranstaltungsreihe an, bei der Betroffene und Angehörige viele Tipps erhalten. „Zahlreiche Heilpflanzen, deren Wirkung wissenschaftlich und volksheilkundlich belegt ist, können bei der Behandlung von CED und im Alltag eine wohltuende Unterstützung bieten. Wichtig bleibt dabei, dass diese Methoden als Ergänzung in einem komplexen Therapiekonzept zu sehen sind“, sagt Internist Prim. Dr. Gröchenig, der mit seiner Abteilung auch international in diese Richtung forscht und dabei von der Österreichischen Gesellschaft für Gastroenterologie und Hepatologie (ÖGGH) maßgeblich unterstützt wird. „Jede/r zweite PatientIn setzt auf Behandlungsmethoden aus dem Bereich der Alternativ- und Komplementärmedizin. Zu den beliebtesten Verfahren unter den Befragten zählen Entspannungsverfahren wie Beten und Meditation, gefolgt von Naturheilverfahren mit Kräutern, Homöopathie, QiGong, TaiChi und Yoga, die Anwendung von Akupunktur, Osteopathie, traditionelle chinesische Medizin (TCM) sowie die Ernährungstherapie.