Schreckgespenst Chemotherapie
Und eng damit verknüpft ist das Phänomen des „Chemo-Gehirns" – eine Bezeichnung für die kognitiven Nebenwirkungen, die einige PatientInnen nach der Chemotherapie erleben. Für viele verkörpert die Chemotherapie die Angst vor physischem und emotionalem Leiden. Doch wieviel davon ist wirklich zutreffend?
Erster Oberarzt Dr. Harald Weiß, Leiter der Tagesonkologie des Krankenhauses der Barmherzigen Brüder in St. Veit an der Glan, steht im täglichen Umgang mit der Chemotherapie, dem Chemo-Gehirn und ihren realen Auswirkungen auf die PatientInnen.
Die Diagnose Krebs ist für jeden Betroffenen ein Schock. Oftmals folgt darauf die Unsicherheit über die anstehende Behandlung – insbesondere, wenn eine Chemotherapie im Raum steht.
EOA Dr. Harald Weiß, Leiter der Tagesonkologie und Zentrumskoordinator des Brustzentrums des Krankenhauses der Barmherzigen Brüder in St. Veit an der Glan, bringt Licht ins Dunkel. Das Krankenhaus St. Veit an der Glan ist für seine onkologischen Zentren – das Brustzentrum Kärnten und das Pankreas- und Darmzentrum (Viszeralonkologisches Zentrum) bekannt.
Der leitende Onkologe EOA Dr. Harald Weiß macht Mut. Nicht jede Chemotherapie belastet automatisch, sagt er. Wenn Nebenwirkungen auftreten, kann man gegen die meisten etwas tun.
Was ist Chemotherapie?
„Die Chemotherapie ist eine Behandlung mit speziellen Medikamenten, die darauf abzielen, Krebszellen zu bekämpfen und deren Wachstum zu stoppen“, so Dr. Weiß. Im Unterschied zu gesunden Zellen teilen sich Krebszellen schneller, weshalb sie gezielter von diesen Medikamenten angegriffen werden können.
Weniger Übelkeit
Während viele Menschen bei dem Gedanken an Chemotherapie vor allem an die damit verbundenen Nebenwirkungen, wie Übelkeit, denken, hat die moderne Medizin in den letzten Jahren enorme Fortschritte gemacht. Neben den Fortschritten in den Therapieansätzen selbst haben auch die Begleitmedikamente einen großen Schritt nach vorne gemacht. Sie sind heute in der Lage, viele der unerwünschten Nebenwirkungen, insbesondere die Übelkeit, deutlich zu reduzieren und somit die Chemotherapie für die PatientInnen verträglicher zu machen. „Neue Medikamente und Kombinationstherapien ermöglichen es uns, den Krebs effektiver zu behandeln und die Verträglichkeit der Therapie für den PatientInnen durch zusätzliche unterstützende Medikamente zu verbessern“, erklärt der Onkologe EOA Dr. Weiß. „Nicht jede Chemotherapie belastet automatisch“, sagt er. „Wenn Nebenwirkungen auftreten, kann man gegen die meisten etwas tun.“
Ein besonderer Durchbruch ist die Entwicklung der zielgerichteten Therapien (targeted therapies). Diese nutzen biologische und zytologische Eigenschaften der Krebszelle, um das Tumorwachstum zu hemmen, ohne gesunde Zellen zu beeinträchtigen. „Während die klassische Chemotherapie alle sich schnell teilenden Zellen im Körper angreift, neben Tumorzellen sind das beispielsweise auch Haarfollikel, Knochenmark und Schleimhautzellen, werden mit der zielgerichteten Therapie nur Krebszellen zerstört“, betont Dr. Weiß.
Unterstützung und Begleitung sind entscheidend
Trotz der beeindruckenden medizinischen Fortschritte der letzten Jahre ist es unbestreitbar, dass die emotionale und mentale Belastung durch eine Krebserkrankung und die anschließende Chemotherapie enorm sein kann. Hier tritt die immense Bedeutung der menschlichen Unterstützung in den Vordergrund.
Mentale Unterstützung ist nicht nur wünschenswert, sondern essentiell für die ganzheitliche Genesung der PatientInnen. Sie hilft, Ängste zu mindern, gibt Hoffnung und stärkt die mentale Widerstandskraft. Ein stabilisierendes Umfeld kann den Heilungsprozess beschleunigen und die Qualität des Lebens während der Behandlung deutlich verbessern.
Onkologie Stationsleiterin DGKP Johanna Kraschl kennt die Sorgen und Ängste der PatientInnen im Hinblick auf eine Chemotherapie
Mehr als nur Medizin
Das Krankenhaus der Barmherzigen Brüder bietet nicht nur hochmoderne medizinische Behandlungen an, sondern legt auch großen Wert auf das ganzheitliche Wohlbefinden der PatientInnen. Deshalb gehören zu ihrem Angebot auch verschiedene begleitende Therapien wie Akupunktur, Massage und Ernährungsberatung. Die psychologische Betreuung sorgt dafür, dass sich die PatientInnen auch emotional gut aufgehoben fühlen und eventuelle Ängste oder Sorgen besser bewältigen können. Zudem steht den Patienten eine Sozialassistenz zur Seite, die bei organisatorischen und sozialen Fragen Unterstützung bietet. Und um die körperliche Mobilität und Fitness zu fördern oder wiederherzustellen, wird auch Physiotherapie angeboten. All diese Maßnahmen dienen dazu, das allgemeine Wohlbefinden der PatientInnen während und nach der Chemotherapie zu verbessern.
Chemo-Gehirn – Fakt oder Mythos?
PatientInnen berichten nach einer Chemotherapie häufig von einem Phänomen, das umgangssprachlich als „Chemo-Gehirn“ bezeichnet wird. Sie beschreiben dabei kognitive Veränderungen, zu denen Gedächtnisprobleme, Schwierigkeiten bei der Konzentration oder beim Multitasking gehören. „Diese Symptome sind nicht nur auf die physischen Auswirkungen der Chemotherapie zurückzuführen, sondern auch auf die psychischen Belastungen, die eine Krebsdiagnose und
-behandlung mit sich bringen können“, erklärt EOA Dr. Weiß.
In einigen Fällen können neurologische Untersuchungen notwendig sein, um die genaue Ursache der Beschwerden zu ermitteln und geeignete Unterstützungsmaßnahmen einzuleiten.