Fasten als neuer Ansatz in der Krebsbehandlung
Angesichts der bevorstehenden Fastenzeit gewinnt dieses Thema zunehmend an Bedeutung, da die Effekte des Fastens in der Krebsforschung verstärkt diskutiert werden.
Im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder St. Veit/Glan, wo sich Prim. Dr. Hans Peter Gröchenig, Vorstand der Abteilung für Innere Medizin, und Oberärztin Dr. Ute Enökl-Tomantschger mit den Auswirkungen von Ernährung auf die Krebsbehandlung auseinandersetzen, werden auch immer wieder vielversprechende Ansätze des Fastens diskutiert. Insbesondere die Fragen rund um die Bedeutung von bewusster Ernährung und den potenziellen Effekten des Fastens auf die Verträglichkeit von Chemotherapien stehen im Fokus der Aufmerksamkeit.
Ein Für und Wider – Fasten: Eines ist jedoch unbestreitbar: Während einer Chemobehandlung kommt der gesunden Ernährung eine besonders wichtige Rolle zu.
Das Fasten, in Formen wie Kurzzeitfasten, Intervallfasten oder intermittierendem Fasten, hat sich in den letzten Jahren zu einem Trend entwickelt, der sowohl in der biologischen als auch in der medizinischen Forschung im Rampenlicht steht. Die positiven Auswirkungen des regelmäßigen Verzichts auf Nahrung sind in immer mehr Studien nachweisbar. Eine drängende Frage für viele Krebspatient:innen und deren Angehörige lautet jedoch: „Hungert Fasten den Krebs aus?“
Prim. Dr. Hans Peter Gröchenig betont jedoch: „In keiner wissenschaftlichen Studie wird belegt, dass das gezielte Vorenthalten von Nährstoffen den Krebs verhungern oder aussterben lässt.“ Im Gegenteil, er weist darauf hin, dass drastische Fastenkuren über mehrere Wochen eine immense Belastung für den Körper darstellen und für Krebspatient:innen äußerst gefährlich sein können. Diese benötigen während der Therapie Kraft und Energie, und Mangelernährung sollte unbedingt vermieden werden.
Autophagie und Fasten: Chancen und Risiken
In diesem Zusammenhang taucht auch immer wieder der Begriff „Autophagie“ auf. Das ist der Prozess, bei dem der Körper beschädigte Zellen abbaut und recycelt und durch Fasten aktiviert wird. Während dieser Zusammenhang in der Gesundheits- und Medizin-Community Interesse weckt, hat Fasten auch in Lifestyle-Diskussionen an Bedeutung gewonnen. Influencer propagieren Fasten als Mittel zur Gesundheitsförderung und Anti-Aging, wobei Methoden wie Intervallfasten und die Einnahme von Substanzen wie Metformin beliebt sind. Metformin ist ein verschreibungspflichtiges Medikament, das hauptsächlich zur Behandlung von Typ-2-Diabetes eingesetzt wird.
Zusätzlich zeigen Forschungsergebnisse, dass Fasten nicht nur die Autophagie anregt, sondern auch entzündungshemmende Effekte haben kann. Durch Nahrungsverzicht wird die Produktion von entzündungsfördernden Molekülen verringert, was zu einer Reduzierung chronischer Entzündungen im Körper führt. Diese entzündungshemmenden Eigenschaften könnten für viele Menschen vorteilhaft sein, insbesondere für solche mit entzündlichen Erkrankungen.
Es ist wichtig, vor dem Fasten die individuellen Gesundheitsbedingungen zu berücksichtigen. Insbesondere bei Krebspatient:innen sollte eine umfassende Betreuung erfolgen, um sicherzustellen, dass die Fastenpraktiken nicht die Therapie behindern oder unerwünschte Nebenwirkungen verursachen.
„Extreme Fastenansätze können für Krebspatient:innen gefährlich sein und zu Mangelernährung führen. Die richtige Ernährung bleibt entscheidend, insbesondere während Chemotherapien. Daher sollten Krebspatient:innen vor der Implementierung von Fasten immer Rücksprache mit ihren Ärzt:innen halten“, betont Prim. Dr. Gröchenig.
Kurzzeitfasten während der Chemotherapie: Ein möglicherweise vielversprechender Ansatz?
Im Kontext der Chemotherapie werden die Auswirkungen des Kurzzeitfastens intensiv erforscht. Erste Hinweise aus der Krebsforschung deuten darauf hin, dass zeitlich begrenztes Fasten vor und während einer Chemotherapie die Verträglichkeit und die Nebenwirkungen der Behandlung positiv beeinflussen könnte.
Nur Kurzzeitfasten schützt gesunde Zellen während der Chemotherapie
OÄ Dr. Enökl-Tomantschger erklärt weiter: „Kurzzeitfasten bedeutet, dass Patienten ein bis zwei Tage vor der Chemotherapie, am Verabreichungstag selbst und etwa einen halben bis einen Tag danach nichts essen.“ Die Theorie besagt, dass gesunde Körperzellen sich in einen Sparmodus versetzen, ihren Stoffwechsel herunterfahren und weniger Nährstoffe sowie Zellgifte der Chemotherapie aufnehmen. Krebszellen hingegen können diesen Schutzmechanismus nicht aktivieren und nehmen weiterhin Nährstoffe auf. Dadurch könnten gesunde Zellen geschont werden, während die Krebszellen stärker von der Chemotherapie betroffen sind.
Trotz der vielversprechenden Ansätze gibt es seitens der Ärzte derzeit noch keine generelle Empfehlung für das begleitende Fasten während einer Chemotherapie, da die Wirksamkeit und Sicherheit dieser praktischen Anwendung noch nicht ausreichend untersucht sind.
Für Krebspatient:innen ist es essenziell, sich vor der Implementierung von Fasten in ihren Therapieplan ausführlich beraten zu lassen.
Scheinfasten und Chemotherapie: Ein interessanter Ansatz bei Brustkrebs
Die bisher vielversprechendsten Studien zum Fasten in der Onkologie beziehen sich auf das sogenannte Scheinfasten (fasting mimicking diet) und das Intervallfasten. Scheinfasten wird derzeit vor allem bei Brustkrebs im frühen Stadium erprobt. Diese Methode könnte möglicherweise das Ansprechen auf eine Chemotherapie vor der Brustoperation verbessern. Dabei dürfen die Patient:innen während der Chemotherapiezyklen maximal 5 Tage lang rund 700 kcal täglich zu sich nehmen. Die Ernährung besteht aus rein pflanzlichen Nahrungsmitteln, mit einem besonderen Fokus auf wertvolle Fette und komplexe Kohlenhydrate aus Gemüse und Obst. „Unter Einhaltung dieser Vorgaben scheinen metabolische Veränderungen, ähnlich denen beim Fasten, aufzutreten. Im Gegensatz zum vollständigen Nahrungsverzicht dürfte dies leichter durchzuführen sein, und das Risiko eines Verlusts an Muskelmasse sinkt“, schildert Ärztin Dr. Enökl-Tomantschger.
Empfehlung bei fortgeschrittener Erkrankung
Bei normal ernährten oder leicht übergewichtigen Patient:innen, die sich einer präoperativen Chemotherapie bei Brustkrebs unterziehen, könne, so OÄ Dr. Enökl-Tomantschger, das Scheinfasten auf Wunsch bereits versucht werden. Anders verhält es sich bei Patient:innen mit fortgeschrittenen Erkrankungen, die oft unter Untergewicht und Verdauungsproblemen leiden. „Hier raten wir jedoch dezidiert davon ab. Die notwendige Kalorienmenge sollte zugeführt werden, um weitere Gewichtsabnahme und Mangelerscheinungen zu vermeiden“, schließt die Onkologin.
Das Team der Onkologie: EOA Dr. Harald Weiß, OÄ Dr. Petra Hatzenbichler, OA Dr. Maximilian Tomka, OÄ Dr. Ute Enökl-Tomantschger, Ass. Dr. Jan Struger, Ass. Dr. Merima Sacherer-Karic