Beleidigern gerne verzeihen

Frater Michael Blažanović hat als Lebens- und Sozialberater sowie als Psychotherapeut in Ausbildung und Supervision mit diesem Thema auch beruflich zu tun. Vielleicht ist es sogar einfacher, dem Nächsten zu vergeben als sich selbst. Was bedeutet „vergeben“? Im Sinn des Evangeliums bedeutet es Annehmen, Lieben und Weggeben. Viele Menschen kämpfen mit Schuldgefühlen oder haben den Eindruck, Gott hätte sie bestraft. Somit ist der erste Schritt für mich als systemischer Psychotherapeut, Vertrauen aufzubauen. Dabei schaue ich, über welche Möglichkeiten und Ressourcen mein Gegenüber verfügt.

Gott ist barmherzig und vergibt mirWenn ich spüre, dass jemand einen starken Glauben besitzt, kann ich diese Ressource angehen im Sinne von Selbstfindung, Stärkung, Ermutigung und Sicherheit. Mein großes Anliegen ist es, gemeinsam mit dem Betroffenen ein Problem so anzugehen, dass er erkennt: Gott ist barmherzig und vergibt mir. Das bedeutet für mich, die inneren Wunden zu erkennen, sie anzunehmen und sie im Glauben zu lieben im Bewusstsein, dass das Gleiche auch der Sohn Gottes für mich getan hat. Er ist vor den Wunden nicht davongelaufen: vor den Wunden der Ablehnung, des Missverständnisses, der Verachtung, der Undankbarkeit, des Nicht-Geliebt-Werdens und schließlich vor den Wunden des Kreuzes. Er hat sie liebend auf sich genommen und dem Vater dargebracht.

Für mich ist es das Großartigste, dass Gott uns liebt! Das versuche ich an meine Klienten weiterzugeben, wenn sie dafür offen sind. Dann können sie zu sich selbst sagen: „In Deinem (= Gottes) Namen nehme ich mich an, so wie ich bin. Du hast nicht gewartet, bis ich besser bin, sondern Du hast mich in Deinem Tod und Deiner Auferstehung so angenommen, wie ich bin. In Deinem Namen will ich mich lieben, weil auch Du mich nicht nur angenommen hast, sondern und vor allem, weil Du mich geliebt hast. Ich bin wertvoll, weil ich Dir wertvoll bin.“

Frater Michael Blažanović, Barmherziger Bruder sowie Lebens- und Sozialberater und Psychotherapeut in Ausbildung und Supervision