Initiator der Lebenswelt ist Prim. Priv.-Doz. Dr. Johannes Fellinger, Leiter des Instituts für Sinnes- und Sprachneurologie. Sensibilisiert durch die Taubheit seines Vaters begann er 1991 Sprechstunden speziell für Gehörlose im Rahmen der Neurologischen Abteilung des Konventhospitals der Barmherzigen Brüder Linz anzubieten, um bei gesicherter Kommunikation in Gebärdensprache medizinische Hilfe in unterschiedlichen Bereichen anbieten zu können. Die daraus entstandene Gehörlosenambulanz (das heutige „Gesundheitszentrum für Gehörlose“) wurde zwei Jahre später eröffnet. Im Zuge dieser Arbeit reifte auch die Idee, eine Lebenswelt aufzubauen.
20 Jahre Lebenswelt - die Chronik
Die Chronik "20 Jahre Lebenswelt" erinnert an den Weg von der Lebensvision zur Lebensgemeinschaft. Hier zum Nachlesen!
1991 - die Vision
Einige der Patienten der Gehörlosenambulanz hatten Zusatzbeeinträchtigungen und wurden aufgrund von Verhaltensproblemen zugewiesen. In der therapeutischen Keramikwerkstatt der Gehörlosenambulanz blühten sie auf, in Kommunikationsgruppen wurden sie individuell gefördert. Viele freuten sich, andere zu treffen und in Gebärdensprache kommunizieren zu können. Überrascht, wie bescheidene therapeutische Angebote zu erstaunlichen Entwicklungsschritten führten, entstand bei Primar Fellinger die Vision einer Lebenswelt, die ganz auf die Kommunikationsvoraussetzungen dieser Zielgruppe abgestimmt sein sollte.
1995 - die Projektidee
Für Dr. Fellinger war klar: Die beste Voraussetzung für Entwicklung und soziales Lernen ist ein therapeutisches Gemeinschaftsleben, in dem Erfahrungen in zwischenmenschlichen Beziehungen möglich sind.
Die Projektidee reifte. Dr. Fellingers Familie mütterlicherseits, die seit Jahrzehnten mit dem Ort verbunden war, hatte ein altes Haus mitten am Schenkenfeldner Marktplatz. Mutter und Tante erklärten sich bereit, das Gebäude unentgeltlich für das geplante Lebenswelt-Projekt zur Verfügung zu stellen. Die Bewohner des Ortes waren offen für die Idee, allen voran Bürgermeister Peter Bergsmann, Pfarrer Andessner und die Volksschuldirektorin Edith Steffan. Die Gemeinde steuerte das alte ungenutzte Gemeindehaus bei.
1997 - die Mitarbeiter
Die Gründung der vis.com (Schule für Sozialbetreuungsberufe mit Schwerpunkt Behindertenbegleitung, Ausbildungsform in Gebärdensprache) im Jahr 1997, in der gehörlose und hörbehinderte Menschen für die Arbeit mit Menschen mit Beeinträchtigungen und Bedarf an visueller Kommunikation ausgebildet werden, ist untrennbar mit dem Aufbau der Lebenswelt Schenkenfelden verbunden. Um eine ständige visuelle Kommunikationskultur zu gewährleisten, war es von Anfang an erklärtes Ziel, dass mindestens ein Viertel des Teams aus gehörlosen Mitarbeitern besteht.
1999 - die Eröffnung
Nach vier Jahren der Projektvorbereitung und des Baus bzw. Umbaus konnte die Lebenswelt im Juni 1999 mit 10 Teilnehmern und 15 Mitarbeitern starten. Die ersten Wochen verbrachte man in einem Haus des Gehörlosenverbandes Oberösterreichs in Kirchschlag. Die Freude beim Einzug in das Gerstl-Haus und die neu errichtete Wohnwelt war groß.
2011 - 2014 die Weiterentwicklung
Eine lange Warteliste für die Lebenswelt Schenkenfelden ließ die Idee reifen, eine zweite Lebenswelt zu eröffnen. Im Rahmen der Wohnoffensive des Landes OÖ konnten in Pinsdorf 2011 13 Dauerwohnplätze und ein teilbetreuter Wohnplatz umgesetzt werden. Die Arbeitswelt in der Gmundnerstraße bietet in therapeutischen Werkstätten nun Platz für 20 Teilnehmer.
Inmitten der Marktgemeinde Wallsee-Sindelburg wurde im Oktober 2014 die Lebenswelt Wallsee als erste Lebenswelt in Niederösterreich eröffnet. In den therapeutischen Werkstätten der Arbeitswelt sind bis zu 25 Teilnehmer entsprechend ihren Fähigkeiten in verschiedenen Arbeitsprozessen beschäftigt. In der nahegelegenen Wohnwelt finden bis zu 20 Teilnehmer ein Zuhause.